Wer einen Sommer lang täglich mit dem Fahrrad durch Klagenfurt fährt, erlebt die Stadt aus einer ganz besonderen Perspektive. Man ärgert sich manchmal, aber genauso oft freut man sich. Denn mit dem Rad ist man flott unterwegs, bleibt gesund und entdeckt Seiten der Stadt, die man im Auto so nie wahrnimmt.
Es gibt Autofahrer, die an der Stopp-Tafel, wie etwa an der Kreuzung Lastenstraße/Gabelsbergerstraße, munter weiterrollen und dann erschrocken schauen, wenn tatsächlich jemand am Radweg unterwegs ist. Überraschung, hier fahren Fahrräder. Genau diese Kreuzung ist für Radfahrer besonders gefährlich. Die Stopp-Tafel in der Gabelsbergerstraße wird von Autofahrern oft ignoriert. Wer als Radfahrer stadteinwärts unterwegs ist, muss trotz Vorrang anhalten, um nicht niedergefahren zu werden. Dazu kommt ein regelrechter Spießrutenlauf, weil viele Autofahrer nicht bei der Stopp-Linie halten, sondern direkt am Radweg stehen bleiben und damit die querenden Radler blockieren.
Mit erstaunlichem Tempo brettern sie über Gehwege, Radwege, Fußgängerzonen und manchmal sogar mitten über die Straße. Besonders beliebt bei Jugendlichen: zu zweit oder zu dritt auf einem Scooter stehen, ohne sich der Gefahren bewusst zu sein. Manchmal mag man da gar nicht genauer hinsehen...
Zur Ehrenrettung der Klagenfurter Jugendlichen muss man erwähnen, dass nicht nur sie so unterwegs sind. Immer öfter sieht man auch Herren im mittleren Alter, im Anzug und mit Akten- oder Umhängetaschen, die genauso ungestüm und teils rücksichtslos über Zebrastreifen und Gehwege brettern, als gäbe es für sie keine Regeln, und dabei auf Gehwegen oft Slalom durch die Fußgänger fahren.
Als Radfahrer ist man öfter mal auf Radwegen unterwegs, die plötzlich im Nirgendwo enden. Man rollt voller Elan los und zack - Schluss. Baustellen machen es auch nicht besser. Für Autos und Fußgänger gibt es Umleitungen, Radfahrer dürfen meist selber schauen, wo sie bleiben.
Eine löbliche Ausnahme gibt es allerdings: Die Baustelle am St. Veiter Ring bei der Raiffeisen Landesbank. Dort, wo die Stadtwerke das Fernwärmenetz ausbauen, hat man tatsächlich an die Radfahrer gedacht. Es gibt eine eigene Umleitung mit Schildern, wie man sie sonst nur aus anderen Städten kennt. Für Klagenfurter Verhältnisse fast schon eine Sensation.
Ein spezielles Kapitel für sich ist der sogenannte Mehrzweckstreifen, offiziell Radfahrstreifen ohne bauliche Trennung genannt, unser Beispiel zeigt jenen in der Lidmanskygasse. Dort ist die Straße so schmal, dass ein gleichzeitiges Vorbeifahren von Auto und Rad praktisch unmöglich ist. Immer muss einer der beiden anhalten und ganz an den Rand ausweichen, damit der andere passieren kann. Für Radler bedeutet das oft Nervenkitzel im Zentimeterabstand, für Autofahrer eine Übung in Geduld.
Ein weiteres Problem: Manche Radwege, wie jener in der Karfreitstraße, sind so schlecht gekennzeichnet, dass Fußgänger sie gar nicht mehr als solche erkennen. Die einzig noch erkennbare Markierung ist verblasst und seit Jahren ist der Rest des Radwegs mit schwarzem Teer bedeckt, die Radwegmarkierungen darunter ebenso. Dann spazieren Fußgänger gemütlich darauf herum, oft mit Kinderwagen oder Hund an der Leine, und sind ganz empört, wenn ein Radler klingelt. Die Folge sind Konflikte, die beiden Seiten den Spaß verderben. Dabei könnte eine sichtbare Markierung schon helfen, den täglichen Kleinkrieg zu entschärfen.
Doch nicht nur Autofahrer und E-Scooter sorgen für Ärger. Auch Radfahrer selbst sind nicht immer die Helden der Verkehrssicherheit. Egal ob mit E-Bike oder normalem Rad, je teurer das Gefährt, desto rücksichtsloser die Fahrweise, so wirkt es zumindest. Sportliche Kleidung heißt leider nicht automatisch sportliches Verhalten, manchmal eher das Gegenteil.
Wenn man so mit dem Fahrrad durch Klagenfurt fährt, macht man auch diese Beobachtung: Im ganzen Stadtgebiet strömt zu jeder Tages- und Nachtzeit von irgendwoher der süßliche Geruch von Cannabis.
Ob in St. Ruprecht, in Fischl oder am Kreuzbergl, ob im einfachen Wohnviertel oder in der feinen Gegend, man hat den Eindruck, gekifft wird überall gleichermaßen.
Kinder und Jugendliche sieht man immer weniger am Rad, die haben den E-Scooter für sich entdeckt. Senioren hingegen sind zunehmend mit E-Bikes unterwegs, flott aber nicht immer sicher. Wer mit einem klassischen Fahrrad unterwegs ist, fühlt sich da schon fast wie ein Exot.
Die Stadt ist fast überall flach, ideal zum Radfahren, und von der Größe her lässt sie sich leicht mit dem Rad durchqueren. Anstatt stressiger Parkplatzsuche gibt es hier Stressabbau auf zwei Rädern. Man kommt schnell von A nach B und entdeckt die Stadt neu. Am Lendkanal entlang, durch den Europapark, vorbei am Benediktinermarkt oder hinaus zum Wörthersee, auf zwei Rädern wird Klagenfurt zum Abenteuer, manchmal chaotisch, oft lustig und fast immer liebenswert.
Am Ende gilt: Wer hier radelt, hat mehr zum Schmunzeln als zum Schimpfen. Und das ist doch die Hauptsache.
Fotos: Mein Klagenfurt