Ich verstehe nicht viel von Fußball, aber sogar mir ist klar, welche Sensation dem WAC mit dem Einzug in die Gruppenphase der Europa League gelungen ist, wo es die Wolfsberger je nach Verlauf der Spiele mit Giganten wie Manchester United oder AC Milan zu tun bekommen könnten. Leider werden diese Kracher nicht im Klagenfurter Wörthersee-Stadion gezündet werden können, weil dort dann ein Wald stehen wird. Ein echter Wald voller ausgewachsener Bäume, die demnächst aufgestellt werden. Das Kunstprojekt „For Forest“ soll vom 9. September bis zum 27. Oktober die „ungebrochene Anziehungskraft der Natur“ symbolisieren, wie es in der Projektbeschreibung heißt. Es ist das flächenmäßig größte Kunstwerk, das es in Österreich je im öffentlichen Raum gegeben hat.
Ich verstehe nicht viel von Kunst, aber sogar mir ist klar, dass Fotos und Videos vom Projekt „For Forest“ um die ganze Welt gehen werden, weil man so etwas noch nie zuvor gesehen hat. Ob das künstlerisch wertvoll ist, ob es überhaupt Kunst ist oder doch nur aus allen Proportionen geblasener Kitsch, sollen die Kunstkritiker entscheiden. Falls es technisch gut umgesetzt wird, wird es jedenfalls eine Szenerie sein, die wie aus einem Traum entsprungen wirkt, ein kleiner Einbruch der Fantasie in den schnöden Alltag.
Ich verstehe nicht viel von Politik und Verträgen, aber ich weiß, dass man langfristig geplante Projekte nicht einfach über Nacht absagen kann. Viele Fußballfans sind, mit kräftiger Unterstützung der Klagenfurter FPÖ, gegen das Kunstprojekt im Wörthersee-Stadion und möchten am liebsten dessen sofortige Absage, damit die WAC-Spiele in Kärnten stattfinden können statt, wie kolportiert, in Graz oder Linz. Daraus wird aber nichts, da „For Forest“ seit Jahren in Vorbereitung ist. Jahren, in denen sich nicht abgezeichnet hat, dass ein Kärntner Fußballverein zur Europaspitze aufschließen würde. Daher hat die Klagenfurter Stadtregierung auch alternative Nutzungen für das Stadion gesucht und gefunden. Statt Fußball gibt es Konzerte und jetzt eben Kunst. Das muss man nicht mögen, aber alles andere wäre eine Steuergeldvernichtung übelster Art gewesen, denn das Stadion einfach leer stehen zu lassen in der vagen Hoffnung, die Kärntner würden doch noch gut im Fußballspielen werden, hätte Stadt und Land viele Millionen gekostet.
Ich verstehe nicht viel von Fußballfans und Kunstliebhaberinnen, aber ich habe den leisen Verdacht, dass die zwei Gruppen einander gar nicht so feindlich gegenüberstehen, wie es jetzt den Eindruck erweckt. So mancher Freund der schönen Künste liebt auch das runde Leder und so manche Liebhaberin strammer Wadeln und gut geschossener Tore ist auch Kunst und Kultur nicht völlig abhold. Sicher gibt es auf allen Seiten Menschen, die sich gerne furchtbar aufregen, und Politiker hätten ihren Beruf verfehlt, würden sie nicht versuchen, diese Aufregung noch anzufeuern, sofern es ihren Zielen nützt. Die normalen Menschen, die nicht fanatisch sind und die daher auch mal einen Kompromiss eingehen können, werden sich aber über den Erfolg eines Kärntner Fußballclubs ebenso freuen wie sie ein weltweit einmaliges Kunstprojekt zu schätzen wissen. Übrigens: Fußball ist eigentlich immer, aber einen Wald in einem Fußballstadion gibt es nur einmal im Leben.
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