Vor einem Jahr kaufte sich der Klage ein neues Smartphone. Es war das LG G4, das Flagschiff-Modell des koreanischen Herstellers aus dem Jahr 2015. LG versprach damals, das G4 würde die neueste Version des Betriebssystems Android bekommen. Pustekuchen! Kürzlich wurde bekannt, dass das G4 ausschließlich in Korea auf Android Nougat upgedatet wird. Ein Handy, das noch vor zwei Jahren ein sauteures Top-Modell war, gehört also nach nicht einmal zwei Jahren schon zum alten Eisen. Natürlich bleibt es trotzdem ein gutes Gerät und kann noch jahrelang verwendet werden, aber der Konsument kriegt halt das Gefühl vermittelt, sein Smartphone wäre veraltet. Das gehört mittlerweile zum ganz normalen Smartphone-Irrsinn. Jedes Jahr wird ein neues Spitzenmodell auf den Markt geworfen, das jedes Jahr teurer ist als das vom vorigen Jahr. Und weil das Handy für viele Menschen ein Statussymbol ist, kaufen die Kunden brav das Neueste, das aber schon in wenigen Monaten das Alte und Überholte sein wird.
Nun wird niemand dazu gezwungen, sich stets das allerneueste und teuerste Smartphone zu holen. Es ist eine freie Entscheidung, was man sich kauft, und viele Leute legen sich ganz bewusst eher Handys der Mittelklasse zu oder greifen zu günstigeren Produkten eher unbekannter Hersteller. Die meisten Menschen sind damit auch gut bedient, denn nur wenige nützen das Potenzial der neuesten Hightech-Boliden voll aus. Die große Mehrheit will telefonieren, chatten, ein bisschen im Internet surfen und Schnappschüsse in annehmbarer Qualität machen. Dazu braucht man nicht das aktuellste Super-Smartphone. Dennoch ist es eine Frechheit, wenn der technische Support für Geräte, die zwischen 600 und 1.000 Euro kosten, schon nach zwei Jahren nur mehr auf Sparflamme läuft. Das zeigt, wie überhitzt dieser Markt ist. Bedenkt man dann noch, dass gerade für Smartphones Unmengen seltener und begrenzter Rohstoffe verbaut werden, kann man das Handy als Symbol für ein Wirtschaftssystem sehen, das nicht nachhaltig ist und dessen Ende bereits vorprogrammiert ist.
Smartphones sind außerdem ein bisschen wie Autos: Sie setzen bei vielen Menschen den Verstand außer Kraft. Kaum etwas macht manche Leute so wütend, wie ein Smartphone in den Händen von Menschen, die ihrer Meinung nach keines haben sollten, weil sie arm sind oder gar Flüchtlinge. Die Wut rührt von der Bedeutung des Smartphones als Symbol für persönlichen Wohlstand her. Ein teures Handy sagt wie ein teures Auto: „Seht her, ich kann mir das leisten, weil ich hart arbeite und viel verdiene. Ich bin wichtig“. Die Industrie fördert dieses Denken nach Kräften. Wer das verinnerlicht hat, wird rasch sauer, wenn er merkt, dass das angebliche Statussymbol gar nicht so exklusiv ist, wie es die Werbung versprochen hat. Der auf diese Weise gekränkte Konsument reagiert dann mit Missgunst, der noch hässlicheren Schwester des hässlichen Neids.
Wer die Werbe-Tricks der Konzerne aber durchschaut, der wird sich nicht mehr darüber aufregen, welche Handys die Anderen haben, sondern eher darauf schauen, welcher Anbieter das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Vor allem wird der mündige Konsument einsehen, dass auch das teuerste Über-Drüber-Smartphone sein Leben nicht besser macht, weshalb es auch gar keinen Grund gibt, anderen Menschen ein Handy zu missgönnen.
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