Wann immer man den Fernseher aufdreht oder sich ein Youtube-Video ansehen will, stößt man unweigerlich auf irgendeine Werbung einer Partei. Weil halt gerade Wahlkampf ist. Das verstörende dabei: Man hört fast nichts anderes als „Ausländer“, „Asylanten“, „Fremde“, „Islam“, „Heimat“. Nun ist es nicht so, als ob das gar keine Themen wären, aber die österreichischen Parteien tun derzeit alle so, als ob es keine anderen gäbe. Dabei gibt es andere. Und zwar viel wichtigere. Dieser Wahlkampf kommt einem so vor, als würde er von Leuten geführt, die sich ausschließlich um die Sogen und Nöte derjenigen kümmern, die sich gerne hinter einer Mauer verstecken würden, denen es ansonsten aber materiell ganz gut geht. Die Sorgen des Kleinunternehmers, der von Steuer und Sozialversicherung gepiesackt wird; die Ängste des Arbeiters, der schon bald von einer Maschine ersetzt werden könne; die Nöte der Alleinerzieherin, die nicht weiß, wie sie über den Monat kommen soll; die Furcht der Kranken und Behinderten, denen man mit weiteren „Einsparungen“ droht; das Zittern der Kleinbauern um ihre Existenz - all das kommt in diesem Wahlkampf kaum vor.
Wie gesagt: Die Asyl- und Zuwanderungspolitik ist nicht unwichtig. Natürlich müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir unsere Grenzen schützen, wie wir mit Massenflucht umgehen, wie wir eine humane, aber trotzdem intelligente Einwanderungspolitik machen. Und na logisch müssen wir und gegen extreme Formen des Islam wehren. Alles schön und gut, aber das sind nicht die wahren Zukunftsfragen. Die echten Probleme sind ganz andere. Audi hat gerade den neuen A8 vorgestellt. Der kann bis zu einer Geschwindigkeit von 60 Km/h komplett selbstständig fahren. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir Autos und Laster haben werden, die komplett ohne Fahrer unterwegs sein werden. In einigen Städten werden Drohnen erprobt, die Briefe und Pakete zustellen. Es gibt bereits Software, die die Arbeit von Sekretärinnen, Anwaltsgehilfen, Journalisten, Verwaltungsbeamtinnen und sogar Börsenspekulanten überflüssig machen wird. Wir erleben eine industrielle Revolution, die es noch nie zuvor gegeben hat. Gegen das, was technisch gerade passiert, war die Umstellung von Pferdefuhrwerken auf Automobile ein Kindergeburtstag.
Und zu all dem hört man von allen Parteien bislang nur Blabla. „Mehr Bildung“, „Laptops für Kindergartenkinder“, „Universitätsabschlüsse für alle“ und so weiter und so fort. Alles ganz okay, aber alles keine echte Antwort. Was soll mit jenen Menschen passieren, die man nicht zu App-Programmieren umschulen kann? Was wird aus der Frisöse, wenn ein Roboter bessere Frisuren um weniger Geld schneiden kann? Was macht der Büroangestellte, wenn ein Programm besser und billiger arbeitet als er? Was wird aus den Busfahrern, Lokomotivführern, Paketzustellern, Essensauslieferern? Natürlich werden auch ein paar neue Berufe entstehen. Aber die derzeitige technische Umwälzung macht einige Leute sehr reich und viele arbeitslos. Die sehr Reichen brauchen dann Dienstmädchen, Hundesitter und Poolboys. Und manchmal alles zugleich, weil man drei Jobs braucht, um zu überleben. Aber kann das die Zukunft sein? Wollen wir, dass das die Zukunft wird?
Wo bleiben die großen Antworten auf die großen Fragen? Es schaut fast so aus, als seien die meisten Politiker zu feig oder zu fantasielos, um neue Lösungen zu präsentieren. Und viele haben vermutlich noch gar nicht verstanden, in was für einem epochalen Wechsel wir uns befinden. „Ausländer raus“ und ähnliche Parolen mögen wegen ihre Einfachheit überzeugend wirken. Sie werden aber keines der echten Probleme lösen können.
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