Vorigen Freitag riet der ÖVP-Bundesrat Robert Seeber im Parlament den Abgeordneten von SPÖ und Grünen, sie sollten auswandern. Neben Seeber saß Innenminister Herbert Kickl und grinste. Ist das der neue Stil, den Bundeskanzler Sebastian Kurz versprochen hat? Die Opposition zum Auswandern auffordern? Das ist kein neuer Stil, sondern ein ganz alter. Ein Stil, von dem wir gehofft hatten, dass wir ihn in diesem Land nie wieder sehen würden. Wer auf kritische Fragen der Opposition damit antwortet, die Oppositionellen sollten halt emigrieren, hat die Demokratie nicht verstanden. Es ist das Wesen und die Aufgabe der Opposition, die Regierung zu kritisieren und zu hinterfragen. Nur in Diktaturen herrscht die Einheitsmeinung.
Dieser „neue Stil“ ist leider typisch für den Verfall der Streitkultur. Nicht nur Politiker von ÖVP und FPÖ haben offenbar verlernt, wie man zivilisiert mit anderen Meinungen umgeht. Die gesamte politische Debatte ist vergiftet von sturer Rechthaberei und Kompromisslosigkeit. Es ist, als ob Facebook in die Realität überschwappen würde. Auf Facebook nisten sich die Leute in Filterblasen ein, die nur mehr Meinungen durchlassen, die mit der eigenen übereinstimmen. Das führt zu einer Verhärtung und Einengung und letztlich zum Fanatismus. Viele Linke sehen in jedem Menschen, der ein kritisches Wort zur Zuwanderung sagt, sofort einen Nazi und wollen mit ihm nicht mal mehr reden. Viele Rechte sehen in jedem Menschen, der sich für Mitgefühl und Solidarität ausspricht, einen linkslinken Gutmenschen oder gar Linksradikalen und wollen mit ihm nicht mal mehr reden. Wo aber das Reden aufhört, fängt das Raufen an. Wo jeder, der nicht zu 100 Prozent mit mir übereinstimmt, der Feind ist, spaltet sich die Gesellschaft in unversöhnliche Blöcke auf. So entstehen Diktaturen, so fangen Bürgerkriege an.
Es gibt Mächte, die diese Entwicklung mit allen Mitteln fördern. Inzwischen ist bekannt, dass der russische Geheimdienst sehr geschickt und mit viel Geld dazu beiträgt, die politische Kultur im Westen zu zerstören. Russland tut alles, um die Bevölkerungen in den westlichen Demokratien gegeneinander aufzuhetzen. Dazu unterstützt der Kreml nicht nur gleichzeitig rechts- und linksextreme Kräfte, sondern verbreitet gezielt Falschmeldungen, um Angst und Hass zu schüren. Warum Russland das macht? Weil der russische Präsident Putin einer der größten Diebe der Geschichte ist und daher demokratische und rechtsstaatliche Verhältnisse fürchtet wie der Teufel das Weihwasser. In einer echten Demokratie würde er dafür zur Rechenschaft gezogen werden, sich zusammen mit einer Bande von Oligarchen tausende Milliarden Euro aus dem Öl- und Gasgeschäft in die eigene Tasche gesteckt zu haben. Solange es noch echte westliche Demokratien gibt, muss Putin befürchten, dass diese sich gegen Russland wehren. Und vor allem hat er Angst davor, die russische Bevölkerung könnte eines Tages auch eine richtige Demokratie wollen. Das muss Putin verhindern, denn sonst wird er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen.
Wir müssen aufwachen und erkennen, dass wir Putins Spiel spielen, wenn wir uns verhetzen und fanatisieren lassen. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass die zerstörerischen Kräfte ihre Ziele schon fast erreicht haben. In Österreich regiert mit der FPÖ eine Partei, die einen offiziellen Vertrag zur Zusammenarbeit mit Putins Partei „Einiges Russland“ unterschrieben hat. Putins Fünfte Kolonne ist hierzulande bereits an der Macht.
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