Ohne eine freie, unabhängige Presse gibt es keine Demokratie. Wo Journalisten nicht ungestört berichten dürfen oder können, wuchern Korruption, Verschwendung und Machtmissbrauch. Österreich steht zwar im internationalen Vergleich in Sachen Pressefreiheit immer noch sehr gut da, doch auch bei uns droht der „Vierten Gewalt“ Gefahr. Nicht so sehr durch gesetzliche Beschränkungen, sondern durch eine Art Selbstverstümmelung der Branche, ausgelöst durch die Demotivation der journalistischen Arbeiter, die immer schlechter bezahlt werden.
Das Durchschnittsgehalt österreichischer Journalisten liegt bei monatlich 2.600 Euro netto. Das klingt nach einer Branche, in der man ordentlich verdienen kann. Schauen wir aber genauer hin, dann sehen wir, dass dieses recht hohe Durchschnittseinkommen vor allem durch die fürstlichen Spitzengehälter der journalistischen Alphatiere zustande kommt. So verdient der ORF-Generalintendant knapp 30.000 Euro pro Monat. Die ORF-Landeschefs kommen noch auf 12.500 Euro. Chefredakteure größerer Tageszeitungen und Magazine verdienen zwischen 6.000 und 12.000 Euro. Dazu kommen noch diverse Boni, Beteiligungen und Extrazahlungen. Nicht viel weniger als die Chefs verdienen deren Stellvertreter sowie ein paar wenige Star-Journalistinnen. Die Einkommensverhältnisse kleiner Angestellter und freier Mitarbeiterinnen sehen dagegen ganz anders aus. So zahlt etwa eine Kärntner Gratis-Wochenzeitung ihren Angestellten im Schnitt 1.500 Euro netto – für ca. 50 bis 60 Wochenarbeitsstunden, Wochenendarbeit und ständige Erreichbarkeit. Noch schlechter haben es die Freelancer. Wer in Österreich auf Honorarbasis schreibt, muss meist schon sehr froh sein, wenn er auf knapp 1.000 Euro pro Monat kommt – wovon dann noch Steuern und Krankenversicherung zu bezahlen sind. Und es gibt sehr viele, die noch weit weniger verdienen und ohne zweites oder gar drittes Standbein weit unter der Armutsgrenze landen würden. Ich kenne freiberufliche Journalistinnen, die für mehrere Zeitungen arbeiten und daneben noch Werbetexte schreiben und Lektoratsdienstleistungen erbringen. Die arbeiten bis zu 70 Stunden pro Woche und kommen damit dann doch nur auf rund 1.500 Euro brutto im Monat.
Die Digitalisierung hat den Trend zur schlechten Bezahlung im Journalismus verschärft. Online-Journalistinnen verdienen im Schnitt um 20 bis 30 Prozent weniger als ihre Kollegen im Printbereich – und das, obwohl der Arbeitsaufwand eher höher als niedriger ist. Da sich die Medienunternehmen auch im Onlinebereich zunehmend freier Mitarbeiter bedienen, bekommen diese auch kaum Zulagen für Nacht- und Wochenendarbeit. Und auch im Journalismus gibt es den Trend, ältere und damit teurere Mitarbeiter in die Pension oder Freiberuflichkeit zu drängen und durch schlecht bezahlte junge Freelancer zu ersetzen. Eine Kombination aus immer schlechterer Bezahlung bei gleichzeitig steigendem Zeitdruck und Stress sorgt dafür, dass die Qualität unserer Medien immer mehr zu wünschen übrig lässt. Wer, wie zum Beispiel eine mir bekannte Kollegin aus Niederösterreich, 15 Cent pro Zeile verdient, und damit von jeder Putzfrau gehaltstechnisch abgehängt wird, der reißt sich bei der Recherche und beim Texten kein Bein mehr aus, der macht Dienst nach Vorschrift. Im englischsprachigen Raum gibt es ein Sprichwort, das frei übersetzt so lautet: „Zahle mit Erdnüssen und du kriegst die Arbeitsleitung von Affen“.
Trotz der immer schlechteren Gehaltsaussichten und der immer härteren Arbeitsbedingungen halten immer noch viele junge Menschen Journalismus für einen Traumberuf. Die Publizistikstudiengänge sind überlaufen. Viele denken immer noch, sie könnten als Journalistinnen die Welt verbessern, was ja auch manchmal klappt, aber die Realität ist, dass der ORF im Griff der Parteipolitik ist und alle anderen Medien private Unternehmen sind, die von den Inseraten der Konzerne und Banken leben. Richtig freier und unabhängiger Journalismus ist im Aussterben begriffen und findet immer öfter auf privaten Blogs statt, deren Betreiber davon meist nicht leben können. Die ganze Branche entwickelt sich stark in Richtung einer PR-Industrie, in der unabhängig recherchierte Artikel und bezahlte Werbung immer mehr verschwimmen. Dazu kommt noch, dass in Zeiten von facebook & Co die Aufmerksamkeitspanne der Leser sinkt und man lieber kleine News-Häppchen haben will statt gut vorbereiteter, langer Stories. Miese Bezahlung und der Trend zu PR- und Pseudojournalismus gefährden aber die Demokratie, denn je schlechter die Öffentlichkeit informiert wird, desto weniger versteht sie von politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen. Mag sein, dass das einigen Herrschaften gut ins Konzept passt. Wem an einer unabhängigen Presse und einer lebendigen Demokratie gelegen ist, muss die Entwicklung mit großer Sorge betrachten.
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