2009 fand der schlimmste Terroranschlag seit 9/11 statt und kaum jemand erkannte ihn als solchen. Es war ein Anschlag ohne Sprengstoff und Waffen, aber nicht weniger verheerend und er zielte auf ein ganzes Land. Als die griechische Regierung im Oktober 2009 die Staatsverschuldung drastisch nach oben revidierte, stuften amerikanische Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit des Landes auf Ramschstatus herab. Von einem Tag auf den anderen konnte Griechenland keine bezahlbaren Kredite mehr bekommen. Europas damals mächtigste Politiker, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Sarkozy, hätten die Situation sofort entschärfen können wenn sie gesagt hätten, dass die EU die Zahlungsfähigkeit ihrer Mitgliedsstaaten garantieren würde. Stattdessen schickte man lieber „Hilfszahlungen“, die direkt in den Schuldendienst gingen, von denen also kein Cent bei den griechischen Bürgern ankam, und verband diese „Hilfe“ mit strengen Sparauflagen. Die Sparauflagen sahen so aus: Massenentlassungen aus dem Öffentlichen Dienst, Senkung der Löhne und Gehälter um bis zu 40 Prozent, Halbierung der Pensionen, Privatisierung von allem, das sich irgendwie verkaufen ließ, sowie Einsparungen beim Sozial- und Gesundheitssystem die dazu führten, dass Millionen Griechen keine Krankenversicherung mehr haben, Krebspatientinnen sterben, weil Chemotherapien nicht mehr bezahlt werden, und die Säuglingssterblichkeit um über 40 Prozent gestiegen ist. Hunderttausende griechische Haushalte leben inzwischen ohne Strom und Heizung. Die EU und Deutschland sprachen angesichts dieser Verwüstungen von „Erfolgen“ und von „Alternativlosigkeit“.
Die Griechinnen und Griechen aber sahen nicht ein, dass Not und Elend ohne Alternative sein sollten und wählten nun eine linke Partei an die Regierung. Syriza ist keine hart linksextreme Partei, sondern eher so wie zum Beispiel die SPÖ wäre, hätte sie nicht alle Grundsätze über Bord geworfen. Vieles von dem, was Syriza anstrebt, klingt mehr nach Bruno Kreisky als nach Stalin. Trotzdem wird die Gruppierung um Griechenlands neuen Ministerpräsidenten Alexis Tsiprias in unseren Medien oft dargestellt, als wären das knallharte Linksrevolutionäre, die demnächst Gulags errichten würden. Das sagt viel darüber aus, wie weit nach rechts Europa inzwischen gerückt ist. Es haben sich wahre Denkverbote etabliert, die alles als irrational und böse ablehnen, was nicht purer Kapitalismus ist. Dass es auch andere Wege gibt als nur Extremkapitalismus oder Kommunismus, dass man nämlich auch so etwas wie eine soziale Marktwirtschaft haben kann, wurde wohl vergessen. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Verstaatlichung. Noch vor nicht allzu langer zeit war es ganz normal, dass in europäischen Ländern große Schlüsselbereiche entweder verstaatlicht oder privatisiert wurden, je nachdem, ob gerade Linke oder Konservative die Wahlen gewonnen hatten. Wer aber heute dafür eintritt, nicht auch noch den letzten Trinkwasserbrunnen zu privatisieren, wird angeschaut als wäre er verrückt. Dabei ist es durchaus richtig, dass es Bereiche gibt, die eben nicht zum Profitmachen geeignet sind und daher besser in der Hand der Allgemeinheit bleiben sollten statt an Milliardäre verscherbelt zu werden. Etwa das Gesundheitssystem oder die Eisenbahnen.
Der Sieg von Syriza wird jedenfalls dazu beitragen, dass sich auch anderswo als in Griechenland mehr Menschen wieder die Frage stellen werden, ob das, was uns als „alternativlos“ verkauft wird, wirklich ohne Alternative ist oder ob das nicht doch eher eine Lüge ist, vorgebracht und wie eine Gehirnwäsche immer wiederholt von denen, die von der derzeitigen Politik profitieren.
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