Der letzte Text vom Klage über die geplante Einführung des 12-Stunden-Arbeitstages und der 60-Stunden-Woche hat so viel Staub aufgewirbelt, dass sogar FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache persönlich auf der Facebookseite von „Mein Klagenfurt“ dazu Stellung nahm. Das ist kein Wunder, denn Strache hatte noch im Jahr 2013 in einem Interview mit dem „Kurier“ über den 12-Stunden-Tag gesagt: „Eine leistungsfeindliche Idee, da dies für alle Arbeitnehmer Nettoreallohnverluste bedeuten würde. Jeder arbeitende Mensch hat es sich verdient, wenn er über acht Stunden am Tag arbeitet, diese Mehrstunden als Überstunden ausbezahlt zu bekommen“.
In seinem Facebook-Kommentar beteuert Strache: „Am gesetzlich festgelegten 8h Stunden Tag und der 40h Stunden Woche ändert sich nichts. Und schon gar nicht gibt es eine Kürzung der Ruhezeiten. Auch gibt es selbstverständlich Überstunden laut KV. Und der Arbeitnehmer kann freiwillig im Sinne von Flexibilität und Gleitzeit nach 40h Arbeitsstunden in vier Tagen, drei Tage hintereinander sich frei nehmen. Steht auch alles im SPÖ-Plan A, wo sich jetzt die Heuchler aufregen und verdrehen!“
Hm. Es ändert sich also laut Strache nichts und falls doch, dann nur „freiwillig“. Wieso jubeln dann die Unternehmer und wieso protestieren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Schauen wir uns das genauer an!
Das Problem: Im von FPÖ und ÖVP erst teilweise vorgestellten Modell ist sehr wohl von einer Kürzung der Ruhezeiten die Rede. So sollen in der Tourismusbranche zwischen den Schichten nur mehr acht statt wie bisher elf Stunden Ruhezeit vorgeschrieben sein. Der Kellner, der bis Mitternacht arbeitet, könnte dann also schon am nächsten Tag wieder am Frühstücksbuffet eingesetzt werden. Das könnte ein Einfallstor sein, um Ruhezeiten auch in anderen Branchen zu kürzen, befürchten Kritiker. Und noch viel wichtiger: Der FPÖ-ÖVP-Vorschlag will, soweit bekannt, die bisher nur für wenige Branchen geltenden „Bandbreitenverträge“ in einzelne Betriebe übertragen. Diese „Bandbreitenverträge“ sehen vor, dass Überstunden nur mehr als Zeitausgleich im Verhältnis 1:1 abgegolten werden, nicht aber in Geld. Laut FPÖ und ÖVP können Arbeitgeber und Arbeitnehmer das zwar auch anders ausverhandeln, aber es ist leicht auszurechnen, wer da am längeren Ast sitzen wird. Falls Strache die Wahrheit sagt, wird das nicht kommen. Dann aber stellt sich die Frage, was FPÖ und ÖVP überhaupt einführen wollen, wenn sich eh nix ändert.
Strache hat zwar recht wenn er sagt, auch die SPÖ habe bereits den 12-Stunden-Tag angedacht, doch gibt es zwischen dem roten und dem schwarz-blauen Modell ein paar wichtige Unterschiede. Der wohl bedeutendste: Die SPÖ wollte die Arbeitszeiten kollektivvertraglich von den Sozialpartnern aushandeln lassen, ÖVP und FPÖ möchten dies der Firmenleitung und den Betriebsräten oder, falls es keine Betriebsräte gibt, dem Chef und den Mitarbeitern überlassen. Das kann im Einzelfall sinnvoll sein, aber generell gilt: Je weiter „unten“ verhandelt wird, desto stärker ist der Chef und desto schwächer ist die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer. Vor allem in kleineren Betrieben könnte die „freiwillige“ Mehrarbeit also sehr rasch eine erzwungene werden. Der einzelne Arbeiter im Betrieb hat eine wesentlich schwächere Position als Gewerkschaft und Arbeiterkammer. So wie der einzelne Unternehmer schwächer ist als Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung.
Strache konnte bislang auch einen entscheidenden Widerspruch nicht aufklären: Wenn, wie von FPÖ und ÖVP vorgeschlagen, die 11. und 12. Arbeitsstunde ebenso zur Normalarbeitszeit wird wie 60 Stunden pro Woche, aber gleichzeitig die Überstundenzuschläge ab der 11. Stunde gelten sollen, wie passt das zusammen? Zwölf Stunden pro Tag zu arbeiten ist ja schon seit vielen Jahren gesetzlich erlaubt, nur halt mit entsprechenden Überstundenzuschlägen. 60 Stunden sind ebenso erlaubt, nur halt mit entsprechendem Geld- und Zeitausgleich. Wenn jetzt, wie Strache behauptet, alles beim Alten bleiben soll, wo ist dann die große Neuerung?
Wie auch immer die konkrete Lösung aussehen wird: Anzumerken ist, dass eine generelle Arbeitszeitverlängerung bei gleichzeitig sinkenden Löhnen der falsche Weg wäre. Damit wird unsere Wirtschaft nicht konkurrenzfähiger, sondern nur innovationsunwilliger werden. Einfach die Arbeitskraft zu verbilligen, ist sehr kurzsichtig. Es hält Unternehmer davon ab, ihre Produkte und Betriebsabläufe zu optimieren. Billig-Arbeitnehmer sind keine Zukunftslösung, sondern der Weg in den wirtschaftlichen Ruin.
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