Derzeit staunen nicht wenige FPÖ-Wähler, weil durchgesickert ist, dass ÖVP und FPÖ den 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Arbeitswoche bei gleichzeitiger Kürzung der Ruhezeiten einführen wollen. Auf der Facebookseite von Heinz-Christian Strache weht ein wahrer Shitstorm. Der Vizekanzler in spe bemüht sich, dagegenzuhalten, aber sein Statement klingt nicht besonders glaubwürdig. „Diese Regelung bedeutet eine VERBESSERUNG für die Arbeitnehmer und deren Familien. Die FPÖ würde NIEMALS einer Verschlechterung zustimmen“. Leider helfen die schönsten Großbuchstaben nichts, wenn die Wirklichkeit eine andere ist. Der ÖVP-FPÖ-Vorschlag würde nämlich sehr wohl Verschlechterungen für Arbeitnehmer bringen. Zwar würde die Gesamtarbeitszeit übers Jahr gerechnet nicht steigen, aber wenn der Zwölf-Stunden-Tag in Spitzenzeiten zur Regel wird und, wie von FPÖ und ÖVP geplant, durch Zeitausgleich abgegolten wird, fallen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um die Überstundenzuschläge um. Auf Deutsch: Insgesamt wird man zwar nicht länger arbeiten, aber weniger verdienen.
Viele FPÖ-Sympathisanten und FPÖ-Wählerinnen sind jetzt überrascht und empört. Hätten sie vor der Wahl genauer hingesehen, wäre das nicht passiert. Die FPÖ ist nämlich keine Arbeiterpartei, sondern eine Partei der Eliten. Sie hat von allen Parteien den mit Abstand höchsten Anteil an Akademikern und Burschenschaftern unter ihren Funktionären. Sie ist die Partei der Rechtsanwälte und Notare, der Zahnärzte und Chirurgen, der Spitzenbeamten und Hofräte. Und sie hat viele Großgrundbesitzer und Unternehmer in ihren Reihen. Das alles ist keine Schande und auch diese Leute brauchen eine politische Vertretung, aber ihre Interessen sind ganz andere als die der Arbeiter. Diese Eliten arbeiten zwar auch sehr viel, aber ihre Arbeit schaut anders aus. Sie haben viel mehr Freiheit bei der Arbeit und können sich diese Arbeit viel besser einteilen als unselbständig Beschäftigte. Anders gesagt: Der Chef kann halt auch mal ein Nickerchen einlegen oder sich die Füße massieren lassen. Der Arbeiter auf der Baustelle oder die Verkäuferin im Geschäft können das nicht.
Die FPÖ inszeniert sich als Arbeiterpartei, weil sie von vielen Arbeitern gewählt wird. Diese Arbeiter wählen die FPÖ aber aus Frust und Wut und nicht weil die FPÖ so ein arbeiterfreundliches Programm hätte. Wie viele Leute haben sich die Programme der Freiheitlichen überhaupt durchgelesen? Wie viele haben sich noch an die letzte ÖVP-FPÖ-Koalition erinnert, als es massiven Sozialabbau gab? Und wie viele haben an die Hypo gedacht, für die alle Arbeiter in Österreich blechen müssen? Eine Arbeiterpartei ist eine, die sich für die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter einsetzt und dafür kämpft, dass die fair entlohnt werden. Eine Arbeiterpartei würde auch nicht die vorgeschrieben Erholungspausen kürzen wollen. Eine echte Wirtschaftspartei übrigens auch nicht, denn eine solche wüsste, wie wichtig motivierte und erholte Arbeitnehmer sind, aber das ist ein anderes Thema.
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