Pünktlich zur Hochzeitssaison beleuchten die Fachanwälte für Familienrecht, Dr. Margot Tonitz und Mag. Michael Rainer, die Tatsache, dass das „Für immer“ nicht für alle gilt. Sie erklären, warum viele Ehen, trotz festlicher Umarmungen letztendlich vor den Trümmern ihrer Ehe stehen. Besonders besorgniserregend ist ein neuer Trend „Tradwives“ auf TikTok und Instragram: Immer mehr junge Frauen verlassen sich finanziell auf die Einkünfte ihrer Partner. Es klingt fast so, als wäre es das alte Lied von „Schatz, ich kümmere mich um das Zuhause, du machst den Rest!“ Doch Vorsicht, diese finanzielle Abhängigkeit kann bei einer Trennung schnell zum Problem werden!
Mag. Michael Rainer: Nein, wir sind nicht so pessimistisch. Es gibt viele gute Ehen, die auf Liebe, Vertrauen und Partnerschaft basieren. Allerdings ist es wichtig, dass nichts überstürzt wird. Wir erleben es oft: Die Hochzeitspaare fahren vom Klagenfurter Stadthaus kommend mit „Tränen der Freude“ in der Radetzkystraße an unserer Kanzlei vorbei. Oft sind es nicht mal einige Jahre später, sondern noch kürzer und dann sind es die „Tränen der Enttäuschung“, die ebenfalls in die Radetzykstraße führen.
Dr. Margot Tonitz: Zu oft sehen wir Paare, die impulsiv heiraten, ohne sich im Alltag zu kennen. Ein entscheidender Punkt ist, dass Paare sich im tatsächlichen Leben kennenlernen sollten, bevor sie den großen Schritt wagen. Es ist unerlässlich, die Eigenheiten und das Verhalten des Partners im täglichen Leben zu beobachten und zu verstehen, denn eine Beziehung basiert nicht nur auf den romantischen Momenten, sondern auch darauf, wie man zusammen mit Herausforderungen umgeht. Die gemeinsame Zeit sollte genutzt werden, um herauszufinden, wie gut die Partner harmonieren, welche Werte sie teilen und wie sie mit Konflikten oder Stresssituationen umgehen. Eine solide Grundlage in der Beziehung ist entscheidend, um eine langfristige Partnerschaft aufzubauen. Daher raten wir dazu, die Beziehung in verschiedenen Lebensbereichen zu erproben und eventuell Beratung oder Workshops in Betracht zu ziehen, um zu lernen, wie man effektiv kommuniziert und Konflikte löst. Der Schlüssel zu einer glücklichen Ehe liegt in der Vorbereitung und dem Verständnis füreinander, nicht nur in dem impulsiven Glück des Momentums.
Tradwives sind „traditionelle Hausfrauen", die sich um Kind und Haushalt kümmern und das auf TikTok und Instagram bewerben. Dieser Trend gewinnt insbesondere unter jüngeren Frauen an Beliebtheit, die nach einem Lebensstil streben, der als entspannt und familiär präsentiert wird. Viele dieser Influencerinnen verlassen sich zudem finanziell auf ihre Partner.
Erschreckt Sie solch eine Entwicklung?
Mag. Michael Rainer: Ja, sehr. Die eigene Absicherung sollte in den persönlichen Kontrollbereich gehören, unabhängig davon, ob man Frau oder Mann ist. Finanzielle Unabhängigkeit ist essenziell und stärkt das Selbstvertrauen. In der Regel gestaltet sich eine Scheidung zudem viel einfacher, wenn beide Partner finanziell unabhängig sind.
Dr. Margot Tonitz: Während das Zuhause sein und die Rolle der Hausfrau für viele eine bewusste und erfüllende Wahl darstellen kann, ist es wichtig, dass diese Entscheidung aus einer Position der Freiheit und Selbstverantwortung und nicht von Abhängigkeit getroffen wird. Es besteht die Gefahr, dass das Bild der Hausfrau romantisiert wird, während die damit oft verbundenen Herausforderungen und die finanzielle Abhängigkeit in den Hintergrund gedrängt werden.
Mag. Michael Rainer: Ein Ehevertrag ist kein Allheilmittel. Dennoch zwingt ein Ehevertrag dazu vor der Hochzeit über die Gestaltung der Ehe und Folgen einer Auflösung nachzudenken. Werden beide Ehepartner während der gesamten Ehe ihrem Beruf nachgehen und was könnte man sich vorstellen wie die Betreuung der Kinder erfolgt? Der Ehevertrag zwingt über Punkte zu sprechen, wie vorhandenes Vermögen oder zu erwartendes zukünftiges Vermögen, Hausbau und Eigentumswohnung oder doch nur eine Mietwohnung und vieles mehr.
Dr. Margot Tonitz: Ein Ehevertrag soll die Unterhaltsfrage ansprechen und das Schicksal des vorhandenen und zukünftigen Vermögens regeln. Eheverträge sind letztlich dann von einem Gericht im Falle der Scheidung nicht zu übernehmen, wenn einer der beiden Teile so benachteiligt wird, dass er vom Vermögenskuchen nur einen Bruchteil oder gar nichts bekommt. In diesem Fall kann das Gericht einen Vertrag teilweise abändern.
Dr. Margot Tonitz: Es gibt mehrere Zeitpunkte im Jahr, an denen wir einen deutlichen Anstieg der Scheidungs- und Trennungsanfragen verzeichnen: Besonders häufig tritt dies nach den Ferien und nach den Feiertagen auf. Diese Phasen sind oft von Stress und emotionalen Herausforderungen geprägt, die viele Paare an ihre Grenzen bringen. Nach gemeinsamer Zeit, die oft idealisiert wird, erkennen viele, dass sie nicht mehr auf derselben Wellenlänge sind und müssen entscheiden, wie es weitergeht.
Mag. Michael Rainer: Vorrangig muss der Mandant entscheiden was er möchte. Wenn eine Frau um die 50 ist, keine oder nur geringe Pensionsansprüche hat, in der Arbeitswelt kaum vermittelbar sein wird, ist sie mit großer Wahrscheinlichkeit auf Ehegattenunterhalt durch ihren Ehemann angewiesen. In solchen Fällen ist zu hinterfragen, ob eine Scheidung von Vorteil ist. Als Familienrechtsanwalt ist es unsere Aufgabe, Mandanten umfassend über die Chancen und Risken einer Ehescheidung aufzuklären, sie bestmöglich zu beraten und sie sicher durch die schwere Zeit zu begleiten.
Dr. Margot Tonitz: Frauen übernehmen oft die Erziehung und Betreuung der Kinder, während die Ehemänner sich auf ihre Karrieren konzentrieren. Sobald die Kinder schulpflichtig sind, entscheiden viele Frauen sich für Teilzeitarbeit und kehren nie ganz ins Berufsleben zurück. Jahre später hat der Ehemann eine gute Pensionsansparung, während die Frau oft nur wenige Pensionsjahre vorweisen kann. Wenn der Mann dann beschließt, sich „ein neues Modell“ zuzulegen und die Familie verlässt – meist, wenn die Kinder bereits erwachsen sind – hat er eine erfolgreiche Karriere und finanzielle Rücklagen. Die Frau hingegen hat kaum etwas gespart, da sie ihr Einkommen oft für den Haushalt, die Kleidung der Kinder und Schulartikel verwendet hat. In solchen Fällen ist es nur fair, dass sie Anspruch auf einen Ergänzungsunterhalt hat. Dafür darf Sie aber keine Eheverfehlung begangen haben. Es ist aber wichtig zu betonen, dass nicht nur der Ehemann als „Bösewicht“ gilt – es gibt auch Frauen, die in dieser Hinsicht in die gleiche Kategorie fallen.
Mag. Michael Rainer: eine Ehe muss man leben: es gibt Höhen und Tiefen, nicht jeder Konflikt muss sofort zur Trennung führen. Eine Ehe ist eine Partnerschaft mit geben und nehmen, manchmal auch verzeihen oder nachsichtig sein. Eine eigene berufliche Existenz ist nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen und für eine Absicherung im Alter wichtig, sie stärkt auch das Selbstvertrauen, bietet Gesprächsstoff und stärkt damit die Ehe. Abhängigkeit ist ein schlechter Ratgeber.
Wenn es aber dennoch zu einer Trennung oder Scheidung kommen sollte, ist es wichtig, strategisch vorzugehen. Natürlich gibt es Ehepartner, die auch bei einer Scheidung fair miteinander umgehen. Wenn das aber nicht der Fall ist, gilt es, möglichst Beweise für ein ehewidriges Verhalten des anderen Ehegatten, aber auch für die nacheheliche Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens zu sichern, wobei es vor allem darum geht wie Anschaffungen finanziert wurden oder auch über welches konkrete Einkommen der andere Ehegatte verfügt.
Mag. Michael Rainer: Zu warten bis die Kinder draußen sind ist eine schlechte Entscheidung. Kinder haben zwei Eltern und halten es aus, wenn sich die Eltern trennen. Wichtig ist in diesem Fall, dass Beziehungsebene und Elternebene getrennt werden. Mütter wollen ihren Kindern die Trennung oft ersparen und leiden dann selbst. Tatsächlich helfen sie damit den Kindern nicht und schaden sich selbst dabei. Das Leben findet jetzt statt, nicht erst wenn die Kinder erwachsen sind.
Dr. Margot Tonitz: Voraussetzung für eine gute Beziehung ist, dass man immer miteinander spricht, Beschimpfungen unterlässt, miteinander respektvoll umgeht sowie den Anderen nicht verantwortlich dafür macht, dass man selbst unzufrieden ist. Jeder Mensch braucht eine Aufgabe - die oft im Beruf gefunden werden kann - mit dem er zufrieden sein kann. Jeder braucht ein respektvolles und wechselseitiges liebevolles, zärtliches Verhalten. Männer, aber auch Frauen vergessen mitunter, dass sie nach einer Eheschließung weiterhin liebevoll und zärtlich sein sollen. Am Ende eines Tages muss man sich als Eheleute etwas erzählen können, dann gibt es auch Wertschätzung. Wenn sich Eheleute nichts mehr zu sagen haben, ist dies der Anfang vom Ende. Dies ist wie ein Teufelskreis.
Fotos: Depositphoto/ @ jentara und zVG