„Die Frau im Kasten“ (Drava, 180 Seiten, 24 Euro) - Dieses druckfrische Werk des Klagenfurter Autors Harald Raffer präsentiert die Kärntner Drava/Wieser-Verlagsgeschäftsführerin Erika Hornbogner auf der bevorstehenden Leipziger Buchmesse (27. bis 30. März). Bei dieser Neuerscheinung handelt es sich um eine Fortsetzung der 2021 erschienenen Ausgabe „Die Blechviper – 25 ungewöhnliche Geschichten.“
Auch diesmal geht es um unterschiedliche Erzählungen, in denen sich der gewohnte Alltag der Protagonisten schlagartig verändert. Zum Positiven oder zum Negativen. Alles nur ein dummer Zufall? Ein von Geburt an unentrinnbares Schicksal? Gottes Fügung? Doch die Entscheidung des Einzelnen, gelenkt vom freien Willen? Die schillernden Figuren mit ihren unvergleichlichen Lebensläufen tauchen in Untiefen menschlichen Daseins ein, entblößen ihre geheimen Gedanken, intimen Wünsche und ihre wahren Gefühle. Emotionen explodieren, Bedürfnisse platzen. Was ereignet sich im unsichtbaren Abseits von gewohnheitsmäßigen, vorhersehbaren langweiligen Abläufen im stets gleichen Tagesrhythmus? Darauf versucht der Autor Antworten zu finden. Hat die deutsche Sozialpädagogin Helga Schäferling recht, wenn sie schreibt: „Auch im Gerümpel des Alltags ist so mancher Schatz verborgen!“ Oder pflichten wir eher Hans Christian Andersen bei, der meinte: „Das Alltagsleben kann eine Tragödie sein“. Von einem Augenblick auf den anderen. Ein Wimpernschlag – und alles sieht anders aus. Mit den geschilderten Persönlichkeiten demonstriert der Schriftsteller, wie sich Menschen in außergewöhnlichen Situationen verhalten oder verändern.
Wie eine Souffleuse, die zum gefeierten Theaterstar mutiert. Wie ein Heiratsschwindler, der betrogen wird. Wie ein Friedhofsgeher, der mit Toten spricht. Oder wie der gefeierte Autor, der sich als Text-Dieb entpuppt. Ein Schüler läuft Amok, ein kleinwüchsiger Mann trifft seine große Liebe. Egal ob Lustmörder, Verschwörungsfanatiker, Ausbrecher-König, hinterhältiger Schlafwandler, Pyromane, durchgeknallter Haubenkoch oder gefallener Fußballstar. Sie alle wohnen unter uns. Sie tragen unsichtbare Masken, verbergen ihr wahres Gesicht. Dabei wünschen wir uns alle nur ein möglichst großes Stück vom unbeschwerten Daseinsglück. Das wollen auch Protagonisten im Erzählband „Die Frau im Kasten“, z. B. ein unfreiwilliger Verteidiger seiner überfallenen Heimat, der im Kugelhagel von einem unbeschwerten Konditoreibesuch träumt und lieber mit Gewichtsproblemen kämpfen will. Oder jener Politiker, der wegen einer erfundenen Vergewaltigung zurücktreten muss. Ein unter Sexsucht leidender Kerl jagt ständig fremden Körpern nach, ein ehemaliger Filmstar zerbricht an vernichtenden Kritiken, ein liebestoller Pfarrer nimmt es mit dem sechsten Gebot nicht so genau. Schwer zu verstehen ist zweifellos, wenn wir Schreie gepeinigter Seelen wegen begeisterter Tor-Rufe überhören. Der Alltag katapultiert uns unverhofft in Abenteuer, Affären und aufregende Aktionen.
Dr. Harald Raffer (68), langjähriger Chefreporter einer Tageszeitung und Ex-Pressesprecher, präsentierte kürzlich in der Drava-Verlagsbuchhandlung sein Werk „Schlagzeilen-Gewitter“ (von Fake News, „alternativen Fakten“ bis zur Propaganda). Der gebürtige Bleiburger zeigt in diesem umfassenden Werk schwere Sünden der Medien auf (Vorverurteilungen). Der Germanist skizziert den schmalen Grat zwischen Persönlichkeitsschutz und das Recht auf Information (Pressefreiheit), nennt negative Beispiele und bricht im Zeitalter der „unsozialen Medien“ eine Lanze für Qualitätsjournalismus.
Der ehemalige Uni-Lehrbeauftragte schildert auch ungewöhnliche Interviews mit Papst Johannes Paul II, Diktator Gaddafi, Regierungschefs, Spionen, Millionenbetrügern und Serienkiller Jack Unterweger. Raffer schlüpfte als „Kärntner Wallraff“ für Reportagen in die Rolle eines Obdachlosen, eines Bettlers, eines bosnischen Gastarbeiters (auf Job- und Herbergssuche), eines Adis-Kranken, eines Polizeihäftlings und eines Waffenhändlers. Sein Kinder- und Jugendbuch „Der kleine Ronny – Botschafter der Erde“ (Zeichnungen von Karolina Golightly) wurde mit dem Kärntner Jugendbuchpreis ausgezeichnet und – für Flüchtlingskinder – ins Ukrainische übersetzt. Gemeinsam mit dem Klagenfurter Autor Dr. Günter Schmidauer gab Raffer einen Band über 15 Jahre „Kärntner Lyrikpreis der Stadtwerke“ heraus („Kärnten Poesie“, 2022, Hermagoras). Professor Harald Raffer erhielt als Journalist und Autor zahlreiche Auszeichnungen. Am 8. Mai liest der Kärntner in der Klagenfurter Drava/Wieser-Verlagsbuchhandlung aus „Die Frau im Kasten“. Der Ex-Journalist lud u. a. in die Klagenfurter Justizanstalt, in die Uni-Bibliothek, ins Bildungshaus Tainach oder in den „Lustgarten“ zu unterhaltsamen Lesungen ein.
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