Die Corona-Krise ist weiterhin kein Insolvenzbeschleuniger
Firmenpleiten um mehr als die Hälfte gesunken
Laut aktueller KSV1870 Insolvenzstatistik für die ersten drei Quartale des Jahres 2021 ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Kärnten im Vergleich zum Vorjahr um 51,6 % auf 78 Fälle gesunken. Mit diesem Minus rangiert Kärnten im Bundesländervergleich auf Platz eins. Österreichweit gibt es um 28,4 % weniger Firmenpleiten zu vermelden als in den ersten neun Monaten des Vorjahres. Gleichzeitig sind die geschätzten Verbindlichkeiten in Kärnten um mehr als 63 % auf 22 Mio. Euro zurückgegangen. Von den Pleiten direkt betroffen sind bislang 163 Dienstnehmer. Die Insolvenz der Blechbau Willitsch GmbH mit Passiva in Höhe von 3,2 Mio. EUR ist in Kärnten bislang die größte Pleite des Jahres.
In den ersten neun Monaten des Jahres wurden in Kärnten 40 Insolvenzverfahren über Unternehmen eröffnet. Zusätzlich führten 38 weitere Insolvenzanträge mangels Vermögens der Schuldner zu nicht eröffneten Verfahren. In Summe sind 78 Unternehmen mit Verbindlichkeiten von 22 Millionen Euro insolvent. „Dieses Ergebnis bedeutet einen Rückgang von 51,6 % gegenüber dem Vorjahr. Und das, obwohl sich bereits die Vorjahreszahlen aufgrund der Corona-Pandemie ohnehin auf niedrigem Niveau bewegt haben. Gegenüber dem bis dato letzten „Normaljahr 2019“ fällt der Rückgang von mehr als 65 % noch gravierender aus“, berichtet Mag. Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin des KSV1870 Standort Klagenfurt.
Bundesländer – Vergleich: Kärnten mit größtem Minus
Ein Blick auf die Österreich-Karte zeigt, dass alle Bundesländer deutliche Rückgänge verzeichnen. In Kärnten fällt das Minus mit 51,6 % am gravierendsten aus, gefolgt von Vorarlberg (-50,9 %) und Salzburg (-47,1 %).
Branchen: Unternehmensbezogene Dienstleistungen, Bauwirtschaft und Gastronomie
Ungeachtet des deutlichen Rückganges bei den Firmenpleiten hat sich im Branchen-Ranking kaum etwas getan: Es dominieren nach wie vor Kleinbetriebe aus dem Bereich der unternehmensbezogenen Dienstleistungen, der Bauwirtschaft und der Gastronomie das Kärntner Insolvenzgeschehen.
Top 5 der Kärntner Insolvenzen
Die fünf größten Insolvenzfälle in Kärnten sind die Blechbau Willitsch Gesellschaft m.b.H. (Konkurs) aus Arnoldstein mit Passiva von 3,2 Mio. Euro, die CONEX GmbH (Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung) aus St. Veit mit Passiva von 2,6 Mio. Euro, ein Verlassenschaftskonkurs aus Klagenfurt mit Passiva von 1,7 Mio. Euro, die seelcon GmbH (Konkurs) aus Poggersdorf mit Passiva von 1,2 Mio. Euro sowie die Veron-Group GmbH aus Spittal/Drau mit Passiva von 1,1 Mio. und die WKS Isoliertechnik GmbH aus Wolfsberg mit Passiva von1,1 Millionen Euro.
Ausblick: Nachzieheffekte ja, Insolvenzausbruch nein
Der KSV1870 geht davon aus, dass in den kommenden Wochen und Monaten erste Nachzieheffekte erkennbar sein werden. Darüber hinaus wird die Gesamtzahl der Unternehmensinsolvenzen zum Jahresende hin unter jener des Vorjahres liegen – dies auch aufgrund der bis Ende September aufrecht gewesenen „Safety-Car-Phase“, die ein volkswirtschaftlich sinnvolles Insolvenzaufkommen weiterhin verzögert hat. „Aufgrund der aktuellen Entwicklung ist aus heutiger Sicht keinesfalls davon auszugehen, dass ein plötzlich auftretender Insolvenzausbruch im laufenden Jahr über Kärnten hereinbrechen wird. Wir gehen von einer stetigen Steigerung der Firmenpleiten aus. Dieser Anstieg wird bis in die Jahre 2022 und 2023 hinreichen“, erklärt Wiesler-Hofer.
Privatkonkurse: Minus 16 % in Kärnten
Laut aktueller KSV1870 Insolvenzstatistik ist die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren in den ersten drei Quartalen 2021 um 16 % auf 362 Fälle gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres gesunken. Im Vergleich zum bis dato letzten „Normaljahr“ 2019 fällt die Entwicklung mit einem Minus von mehr als 30 % noch deutlicher aus. Parallel dazu sind auch die geschätzten Verbindlichkeiten während der vergangenen neun Monate um 11 % zurückgegangen und betragen derzeit 64 Mio. Euro.
„Auch eineinhalb Jahre nach Ausbruch der Corona-Krise in Österreich besteht kein Zweifel daran, dass die Pandemie in Österreich kein Beschleuniger von Privatkonkursen ist. Ganz im Gegenteil: „Die aktuellen Zahlen bestätigen die langjährige KSV1870 Einschätzung, dass private Schulden erfahrungsgemäß im Regelfall über Jahre hinweg aufgebaut werden und häufig auf „Persönliches Verschulden“, etwa ausufernden Konsum, zurückzuführen sind“, berichtet Mag. Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin des KSV1870 Standort Klagenfurt.
Auswirkungen der Gesetzesnovelle bis dato überschaubar
Die allgemeine Vermutung, dass Schuldner die Umsetzung der jüngsten Insolvenznovelle im vergangenen Juli abwarten, um sich in weiterer Folge innerhalb von drei Jahren, und nicht wie bisher innerhalb von fünf Jahren, zu entschulden, ist bis dato noch nicht eingetreten. „Aktuell ist es noch zu früh, die Auswirkungen der jüngsten Gesetzesanpassungen fachlich fundiert und auf Basis objektiver Ergebnisse bewerten zu können. Hier müssen die kommenden Wochen bis zum Jahresende abgewartet werden“, so Wiesler-Hofer.
Bundesländer-Vergleich: Unterschiede könnten nicht größer sein
Im österreichischen Durchschnitt sind die Privatkonkurse gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 7 % gesunken. Auf Bundesländer-Ebene sind die Unterschiede allerdings durchaus gegeben. Einem Minus von 37 % bei der Anzahl der Fälle in Salzburg steht ein Plus von 8 % in Vorarlberg gegenüber. Während Salzburg, Niederösterreich, Kärnten, Oberösterreich und Wien einen Rückgang bei den Privatkonkursen verzeichnen, gibt es in den restlichen Bundesländern Zuwächse.
Ausblick: Spätfolgen der Corona-Krise nicht ausgeschlossen
Aufgrund der nach wie vor unklaren Zukunftsaussichten sowohl auf pandemischer, sozialer und auch wirtschaftlicher Ebene, sind vermehrte Spätfolgen im Bereich des Privatkonkurses nicht auszuschließen. Dies auch deshalb, weil viele Arbeitnehmer während der vergangenen 18 Monate ihre Jobs verloren haben und bis dato noch nicht zur Gänze in den Wirtschaftszyklus reintegriert werden konnten – dazu wird es wohl eine nachhaltig stabile Wirtschaftslage brauchen. „Für das heurige Jahr rechnen wir mit einer kontinuierlichen Zunahme der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren. Est allerdings zu erwarten, dass die Gesamtzahl jedenfalls unter dem Vorjahreswert von 591 Fällen zum Liegen kommen wird“, erklärt Wiesler-Hofer.