Nach dem Corona-Ausnahmejahr 2020 und dem Einbruch des Konjunkturbarometers erholt sich die Wirtschaft. Die erwartete Auftragslage, Investitionen und der Personalaufbau steigen laut Betriebsräten stark an. Fachkräftemangel und bestehender Mismatch am Arbeitsmarkt drohen sich zu verfestigen – innovative Maßnahmen, Höher- und Umqualifizierung werden immer wichtiger.
215 Betriebsräte nahmen heuer an der AK-Konjunkturumfrage teil, sie präsentieren knapp 55.400 Kärntner Beschäftigte. Das sind rund 27 Prozent. Die Ergebnisse wurden vom Joanneum Research wissenschaftlich ausgewertet. Laut aktueller Auswertung der Umfrage stieg das Konjunkturbarometer von minus 20 Indexpunkten auf über plus 25 Indexpunkte – Höchststand in der Geschichte der Konjunkturumfrage. „Kärnten entwickelt sich besser als der Bundesschnitt, da auch in der Krisenzeit Stärken gestärkt wurden“, bekräftigte Kärntens AK-Präsident Günther Goach. Laut Umfrage steigt die erwartete Auftragslage rapide und Investitionen wachsen von 67 Prozentpunkten (2020) auf 75 Prozentpunkte (2021) an.
Eric Kirschner, wissenschaftlicher Begleiter und Head of Research Group vom Joanneum
Research spricht jedoch vorsichtig positiv bei der Entwicklung für die Gesamtwirtschaft, da „der Anteil des produzierenden Gewerbes bei den befragten Betriebsräten zwar überrepräsentiert wird, was Kärnten als Industrieland bestätigt. Dennoch fehlen genaue Zahlen für Tourismusbetriebe, um die Gesamtwirtschaft darzustellen“. Mit Ausnahme des Tourismus zeichnet sich jedoch eine branchenübergreifende Erholung ab. Diese Erholung zeigt sich laut der Betriebsräteumfrage in einem deutlichen Anstieg von 69 Prozent beim Personalaufbau.
Fachkräftemangel und Mismatch am Arbeitsmarkt
Der Wille, mehr Personal aufzunehmen, geht allerdings mit einem Wermutstropfen einher: dem Fachkräftemangel und Mismatch am Arbeitsmarkt. Faktoren wie demografischer Wandel oder Lohnsteigerung in Südosteuropa verschärfen die Situation. „Gleichzeitig verfestigt sich die Arbeitslosigkeit bestimmter Gruppen und die Nachfrage nach Qualifikationen deckt sich nicht zwingend mit dem Angebot“, erklärte Kirschner. 50 Prozent aller befragten Betriebsräte gaben an, dass offene Stellen nicht besetzt werden konnten. Ein Drittel der Befragten gab an, 2020 Mitarbeiterqualifizierung betrieben zu haben.
„Neben der Maßnahme einer besseren Bezahlung kann dem Arbeitskräftemangel nur mit einer gut geplanten Strukturpolitik entgegengetreten werden“, betonte Goach und wies auf den seit Jahren immanenten Fachkräftemangel hin. Die wirtschaftliche Erholung verschärft das Fachkräfteproblem immens. 63 Prozent der Betriebsräte gaben an, unter Fachkräftemangel zu leiden, trotz der Suche nach gut ausgebildeten Fachkräften.
„Die verstärkte Förderung von Aus- und Weiterbildung, das Erwerben von Schlüsselkompetenzen oder auch die Weiterentwicklung von Qualifikationen muss auf der Agenda von Politik, AMS und den Sozialpartnern stehen“, bekräftigte Goach. „Wir stehen im Wettbewerb um die besten und nicht um den der billigsten Köpfe“, führte Goach aus. Die Anforderungen an die Beschäftigten ändern sich rasant, hingegen bleiben Rahmenbedingungen teilweise unverändert. Das betrifft vor allem Ältere und Langzeitarbeitslose, die stark vom strukturellen
Wandel und nicht von der konjunkturellen Lage betroffen sind. „Menschen, die jetzt keinen Job finden, benötigen spezielle innovative Maßnahmen für eine Integrierung in den Arbeitsmarkt“, betonte Goach. Aktuell sind in Kärnten 16.305 Personen arbeitslos gemeldet. Dem gegenüber stehen 6.933 offene Arbeitsstellen.
Lehrstellen und Lehrstellensuchende im Wandel
Die Auswirkungen von COVID-19 auf den Lehrstellenmarkt zeichnen sich deutlich ab. Das Angebot an offenen Lehrstellen überstieg im März 2021 die Anzahl der Lehrstellensuchenden. Derzeit (Oktober) stehen 824 offene Lehrstellen 321 Lehrstellensuchenden gegenüber. Bei differenzierter Betrachtung zeigt sich jedoch für einzelne Berufsgruppen ein eklatanter Unterschied: Während die Zahl der offenen Stellen in der Berufsgruppe Fremdenverkehr weit die der Lehrstellensuchenden übersteigt, tritt bei der Berufsgruppe Büroberufe der gegenteilige Fall ein.
Aktivierung der vorhandenen Erwerbspotenziale