Die FPÖ, der wie so oft die Begriffe entgleiten, spricht von einer „Hetzjagd“, weil viele Menschen die Ernennung Hubert Keyls für den Posten eines Verwaltungsrichters kritisieren. Dazu dies: Man darf in Österreich, wie Herr Keyl, den von den Nazis ermordeten Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter in einer FPÖ-nahen Zeitung als „Verräter“ beschimpfen. Man darf, wie Herr Keyl, eine Frau heiraten, die den mehrmals verurteilten Hardcore-Neonazi Gottfried Küssel auf Kurzwahl hat und in der rechtsradikalen Szene den Spitznamen „SS-Lily“ trägt. Man darf mit dieser Frau in einem Rotlichtlokal saufen, mit ihr bis zur Handgreiflichkeit streiten, sich mit der Security anlegen und sich von dieser krankenhausreif prügeln lassen. Man darf daraufhin auch von seiner Burschenschaft „in Unehren und dauerhaft“ ausgeschlossen werden. Weiters darf man wiederholt Veranstaltungen von gerichtsbekannten Neonazis besuchen. All das darf man, aber ob man gleichzeitig auch Verwaltungsrichter werden darf, sollte in einem demokratischen Rechtsstaat mindestens bezweifelt, wenn schon nicht mit allen Mitteln verhindert werden. Wenn sich einer andauernd mit Ladendieben herumtreibt, würde man ihn ja auch nicht zum Kaufhausdetektiv befördern, oder?
Bundeskanzler Sebastian Kurz und mit ihm die „neue ÖVP“ müssen sich jedenfalls erneut fragen lassen, was sie sich bei dieser Koalition gedacht haben und warum sie mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Leute den katholischen Märtyrer Franz Jägerstätter, der von der Kirche selig gesprochen wurde, als „Verräter“ beschimpfen. Sie müssen sich fragen lassen, weshalb sie höchst sensible Ministerien wie das des Inneren und das der Verteidigung in die Hände von Leuten geben, die zur demokratischen Republik Österreich ein, milde gesagt, unsauberes Verhältnis haben und die mit dem Autokraten Putin zusammenarbeiten, um den Westen zu schwächen. Sie müssen sich fragen lassen, ob sie gerne mit einer Partei koalieren, die Leute wie den niederösterreichischen Landesrat Gottfried Waldhäusl in ihren Reihen hat, der ein Judenregister einführen wollte und jetzt versucht, Asylbewerber rund um die Uhr einsperren zu lassen. Kurz: Man muss fragen, ob die ÖVP noch alle Tassen im Schrank hat!
Das und noch viel mehr muss man Sebastian Kurz und die anderen Vertreter der „neuen ÖVP“ immer wieder fragen. Man muss sie zur Rede stellen und nachbohren, ob die Geldgeschenke von den Großunternehmern es wert sind, dafür alle christlichen Werte über Bord zu werfen und ob es sich auszahlt, für die Rache an den verhassten Sozialdemokraten und Gewerkschaften den Niedergang Österreichs als freies, wohlhabendes und weltweit respektiertes Land in Kauf zu nehmen. Noch halten die rechtsstaatlichen und demokratischen Strukturen in diesem Land, aber wie viele Keyls verträgt Österreich, bevor der Keil, den Kurz und seine Truppe durch das Land jagen, so tief reicht, dass es kein Zurück mehr gibt?
+++UPDATE 17.9.2018 9.10 Uhr +++ Hubert Keyl zieht Bewerbung als Bundesverwaltungsrichter zurück, aufgrund einer "unvorstellbaren medialen Hetzjagd".
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