Die österreichische Regierung hat ein Strafrechtspaket ausgeheckt, das es in sich hat. Neben schärfen Strafen für Angriffe auf Polizisten und Justizwachebeamte sollen in Zukunft auch „staatsfeindliche Aktivitäten“ oder die Mitgliedschaft in einer „staatsfeindlichen Bewegung“ schnurstracks ins Gefängnis führen. Das Gesetz soll sich gegen die sogenannten „Reichsbürger“ richten. „Reichsbürger“ sind Leute, die den österreichischen Staat nicht anerkennen und davon fantasieren, sie würden noch im „deutschen Reich“ leben. Manche träumen sich noch weiter zurück und erkennen nicht mal das Ende der Monarchie an. Sie basteln sich eigene Ausweispapiere und nerven die Behörden, indem sie keine Steuern zahlen oder amtliche Bescheide ignorieren. Kurz: Es sind Spinner, Querulanten und Exzentriker. Ein paar von denen sind gefährlich, weil sie zum Beispiel Waffen sammeln, die meisten aber schaden nur sich selbst. Schon bisher hatten wir ausreichende Möglichkeiten „Reichsbürger“, die gegen das Gesetz verstoßen, zu bestrafen. Je nach Verhalten dieser Leute konnte man sie wegen Steuerhinterziehung, Gründung einer kriminellen Vereinigung, Beamtenbeleidigung, Körperverletzung und so weiter belangen. Manche landeten auch zwangsweise in der Psychiatrie. Das neue Gesetz stellt aber bereits die Gesinnung unter Strafe, ohne dass erst Straftaten gesetzt würden. Und das ist gefährlicher, als es diese „Staatsfeinde“ je sein könnten.
Viele Kritiker, darunter auch Staatsanwälte und Richter, weisen darauf hin, dass der geplante „Staatsfeind“-Paragraph so schwammig formuliert ist, dass damit alles mögliche bestraft werden kann. Umwelt- und Tierschützer könnten ebenso davon betroffen sein wie religiöse Minderheiten und politische Extremisten, selbst wenn diese friedlich sind und nur den Staat, wie er ist, aus weltanschaulichen Gründen ablehnen. Gegen einen wehrhaften Staat, der zum Beispiel militante Neonazis, Islamisten oder Links-Terroristen bekämpft, ist nichts zu sagen. Wenn aber schon die bloße Gesinnung strafbar wird, sind der Willkür Tür und Tor geöffnet. Und ein Rechtssystem darf vieles sein, nur nicht willkürlich. Mit Gummiparagraphen wie diesem „Staatsfeinde“-Gesetz wird nicht mehr, sondern weniger Rechtssicherheit geschaffen, weil niemand so genau weiß, wann und womit er sich strafbar macht. Das wird zwar den Rechtsanwälten jede Menge neue Aufträge bringen, die Bürger aber verunsichern und genau das Gegenteil von dem bewirken, was beabsichtigt war, da es das Vertrauen in den Staat eher senkt statt erhöht.
Generell hat man den Eindruck, dass die Politik seit einiger Zeit Verbote, neue Gesetze und höhere Strafen als Allheilmittel missversteht. Nun wird man sogar Jugendlichen unter 18 das Rauchen verbieten. Das mag gesundheitspolitisch sinnvoll erscheinen, aber ob der Staat überhaupt das Recht haben sollte, seinen Bürgerinnen und Bürgern ein „gesundes“ Leben vorzuschreiben, ist mehr als fraglich. Und obwohl Strafrechtsexperten seit Jahrzehnten wissen, dass höhere Strafen keine Verbrechen verhindern, beschließen unsere Volksvertreter dennoch immer wieder neue Straftatbestände und verschärfen die bestehenden. Das wird unser Land nicht sicherer machen, sondern nur unfreier. Mehr Sicherheit gibt es nicht durch mehr Gefängnisinsassen, sondern durch mehr Polizei auf der Straße, mehr Sozialarbeiter, mehr beruflichen Chancen vor allem für junge Menschen und mit einem gut ausgebauten Sozialstaat, der Menschen in Not davor bewahrt, betteln oder stehlen zu müssen, um zu überleben.
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