SPÖ und ÖVP drücken die FPÖ politisch an die Wand, indem sie eine dermaßen rechte Politik machen, dass die Freiheitlichen nur schwer mit noch rechteren Forderungen kontern können. Das ist, je nach Standpunkt des Betrachters, sehr schlecht für die Blauen, da sie vermutlich nie an die Regierung kommen werden, oder sehr gut, da die Regierung eh das macht, was eine regierende FPÖ auch machen würde. Es vergeht kein Tag, an dem nicht Außenminister Kurz (ÖVP), Verteidigungsminister Doskozil (SPÖ) oder Innenminister Sobotka (ÖVP) Vorschläge machen und Forderungen erheben, für die man sie vor 10 Jahren noch mit der „Nazikeule“ verprügelt hätte. Ob ein ganz harter Anti-Flüchtlings-Kurs oder der massive Ausbau der Überwachung der ganzen Bevölkerung – SPÖ und ÖVP setzen Schritt für Schritt ein Law & Order-Programm um, das auch Heinz-Christian Strache nicht überbieten kann, solange er sich noch im Rahmen des Rechtsstaates und der Demokratie bewegt. Die Boulevardzeitungen loben die Regierung dafür und in Meinungsumfragen gewinnt zumindest die SPÖ massiv dazu, überflügelt an manchen Tagen sogar schon die FPÖ, die lange unangefochtene Umfragekaiserin war. Doch SPÖ und ÖVP sollten sich keinem verfrühten Siegestaumel hingeben, denn sie haben ein paar Sachen nicht einkalkuliert.
Wenn Außenminister Sebastian Kurz bei einer Visite der Frontex-Truppen im Mittelmeer sagt, man müsse den „NGO-Wahnsinn beenden“, dann sagt er damit, es sei Wahnsinn, Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Nun war der „Klage“ schon länger nicht mehr in der Kirche, aber Hilfsorganisationen dafür anzugreifen, dass sie Menschen helfen, ja vor dem Tod retten, ist so ziemlich das Unchristlichste, was ein Politiker seit Jahren von sich gegeben hat. Das widerspricht allen christlichen Werten, von denen der zentralste die Heiligkeit des menschlichen Lebens ist. Und wenn Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil verkündet, er sei gegen die Aufnahme einiger Asylbewerber aus Italien, widerspricht das allen sozialdemokratischen Grundwerten, von denen der wichtigste die Solidarität ist, also die gegenseitige Hilfe. Für Solidarität mit Flüchtlingen hat die österreichische Politik schon seit einem Jahr nichts mehr übrig, aber mittlerweile reicht es nicht mal mehr zur Solidarität mit Italien, das zu den Ländern zählt, die am stärksten von Fluchtbewegungen betroffen sind. Was aber bleibt von Christdemokraten, die nicht mehr christlich und von Sozialdemokraten, die nicht mehr solidarisch sind? Wäre das eine Sage, dann wären SPÖ und ÖVP wie jene Figuren, die ihre Seele dem Teufel verkaufen, um kurzfristig ein schönes Leben zu haben, dabei aber die langfristigen Folgen verdrängen.
Die Frage ist bei all dem nicht, ob man die Grenzen sichern soll oder nicht, ob man gegen Verbrecher vorgehen soll oder nicht. Natürlich soll man, das ist ja eine der Hauptaufgaben eines Staates. Die Frage ist, ob man dabei die Verhältnismäßigkeit wahrt oder mit einem fast blindwütigen Populismus die Menschenrechte nicht nur für Flüchtlinge, sondern letztlich auch für Österreicher immer weiter abbaut. Gemessen an dem, was die Politik derzeit alles fordert und auch beschließt, müsste man meinen, Österreich sei eine von fremdländischen Horden überrannte Hölle, in der kein Mensch mehr seines Lebens sicher ist. Das ist aber objektiv falsch. Österreich ist eines der zehn sichersten Länder der Welt. Im internationalen Vergleich haben wir sehr wenige Verbrechen und auch sehr wenige Probleme mit Flüchtlingen. Die Straßen sind sauber und man kann in feinen Klamotten durch die Innenstädte laufen, ohne Angst vor einem Raubmord haben zu müssen. Die Verbrechensrate geht seit Jahrzehnten zurück. Gar nicht wenigen Österreichern ist das auch bewusst. Das sind diejenigen, die sich nicht täglich mit Horrormeldungen aus dem Internet in Panik versetzen lassen. Die wollen keine unmenschlichen Gesetze und keinen Polizeistaat. Deswegen haben sie ja zum Beispiel Alexander Van der Bellen gewählt. Das ist ein Wählerpotenzial, das SPÖ und ÖVP derzeit völlig ignorieren. Und auf die Umfragen sollte man sich nicht verlassen, denn am Ende des Tages wählen viele vielleicht doch eher das blaue Original statt die rot-schwarzen Nachahmer.
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