Was ich nicht so gerne habe in Diskussionen ist, wenn jemand ins Spiel bringt, er „schäme“ sich. Meistens nicht für sich, sondern für die Taten anderer. Ich habe bestimmt an die tausend Mal auf Facebook gelesen, dass sich irgendwelche Leute für die Zustände in Traiskirchen „schämen“, und viele schreiben sogar „ich schäme mich für Österreich“.
Ich schäme mich nicht. Und dafür habe ich gute Gründe. Das Österreich, in das wir hineingeboren wurden und das wir kennen, gibt es seit 1955. Es ist ein kleiner Staat, der seit 60 Jahren keinen Krieg begonnen hat, dafür aber mit einer umsichtigen Politik, die auf sozialen Ausgleich setzte, zu einem der reichsten Länder der Welt wurde. Auch wenn viele gerne motschkern: Neueste Daten zeigen, dass das Lebensniveau nur in der Schweiz und in Luxemburg noch über dem unsrigen liegt. Und zwar für alle Menschen. Auch wer in Österreich arm ist, ist immer noch besser dran als Arme in Italien oder Deutschland. Die Wirtschaftskraft ist gemessen an der Einwohnerzahl enorm. Pro Kopf erwirtschaften die Österreicher 38.000 Euro pro Jahr. Damit sind wir die produktivsten Europäer überhaupt und auch weltweit ganz vorne mit dabei. Darauf bin ich stolz. Aber nicht nur darauf.
Um den Jahreswechsel 1956/57 herum walzten sowjetische Truppen einen Aufstand in Ungarn nieder. Binnen kürzester Zeit flohen 180.000 Ungarn in das gerade erst wieder unabhängig gewordene Österreich. Niemandem kam es in den Sinn, diese Menschen schlecht zu behandeln. Österreich half einfach und von den 180.000 blieb ein Zehntel als Zuwanderer in unserem Land. 1968 marschierte der Warschauer Pakt in der damaligen Tschechoslowakei ein. 168.000 Menschen flohen zu uns. Wir halfen erneut, schnell und unbürokratisch. 12.000 Tschechen und Slowaken bleiben, der Rest kehrte später wieder zurück. In den 70er Jahren flohen tausende sowjetische Juden über Österreich nach Israel und in den 80er Jahren nahmen wir einige tausend Opfer der Militärdiktaturen Lateinamerikas bei uns auf. In den 90er Jahren öffneten wir für 115.000 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien die Grenzen. Knapp die Hälfte davon wurden österreichische Staatsbürger.
Kurz: Österreich hat Flüchtlingen immer geholfen und hatte schon in Zeiten, als es noch ärmer war, mit mehr Asylanfragen als jetzt zu tun. Die Österreicher und Österreicherinnen haben im Laufe der Jahre außerdem nicht nur viel Geld in Entwicklungs- und Katastrophenhilfe in aller Welt investiert, sondern auch privat viele Milliarden gespendet. Wir sind ein Land voller Menschen, die hilfsbereit sind und die sich des Glücks, hier zu leben und nicht in einem armen Land oder gar in einem Kriegsgebiet, sehr wohl bewusst sind. Darauf bin ich stolz, sehr stolz. Und ich bin davon überzeugt, dass wir auch mit den Kriegsflüchtlingen aus Syrien, Irak und Afrika menschlich umgehen werden. Wir müssen uns nur unserer großen Tradition als Helfer besinnen. Auch jetzt spenden die Österreicher massenhaft für die Flüchtlinge und fahren sogar selber nach Traiskirchen und in andere Lager, um dort Sachgüter abzugeben. Das ist nämlich im Grunde ein gutes Land voller „Gutmenschen“. Und dafür müssen wir uns wirklich nicht schämen. Wenn sich jemand schämen muss, dann Politiker, die auf dem Rücken von Flüchtlingen UND Österreichern ein böses Spiel mit Angst und Neid spielen.
Kontakt: redaktion@mein-klagenfurt.at