So viel Rot-Weiß-Rot war noch nie. Die beiden Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten haben ihre neuen Plakate präsentiert. Die Slogans sind verschieden, aber die Sujets verdammt ähnlich. Hinter dem mehr oder weniger freundlich lächelnden Gesicht des Kandidaten weht die österreichische Fahne. Es wirkt, als ob Van der Bellen und Hofer darin wetteifern, wer der größere Patriot sei. Das ist insofern witzig, weil Hofer Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft Marco-Germania ist und man ihn immer wieder mit den deutschen Farben Scharz-Rot-Gold sieht, und Van der Bellen von den Grünen kommt, die sich in vielem auszeichnen, nur nicht in überschäumendem Patriotismus.
Aber schön, wenn die Kandidaten jetzt ganz feste Patrioten sind, denn am Patriotismus ist nichts auszusetzen, solange er nicht zum überheblichen Nationalismus wird. Auf Österreich kann man ja wirklich stolz sein, denn trotz aller Probleme steht das Land gut da. Wir haben die viert erfolgreichste Volkswirtschaft der ganzen EU und die aktuellen Zinsen auf Staatsanleihen betragen fast null Prozent. Vor allem letzteres ist sehr aussagekräftig, denn Staatsanleihen werden in erster Linie von Milliardären und großen Investmentsfonds gekauft, und das sind keine Trotteln. Die wissen ganz genau, ob ein Land in Schwierigkeiten steckt oder ob es ihm gut geht. Kauft man Staatsanleihen von einem Land mit Problemen, kriegt man dafür höhere Zinsen, weil das Risiko größer ist, sein Geld nie wieder zu sehen. Geht es einem Land gut, kriegt man nur ganz wenig oder gar keine Zinsen. Österreich muss fast keine Zinsen zahlen, ergo: Wir stehen super da. Natürlich können sich die fast 500.000 Arbeitslosen davon nix abschneiden, aber sie müssen bei uns auch nicht verhungern oder betteln gehen, denn Österreich hat immer noch einen sehr gut ausgebauten Sozialstaat. Und den können wir uns auch leisten.
Was sich manche Politiker davon versprechen, Österreich andauernd schlecht zu reden, ist eines der großen Rätsel unserer Tage. Unsere Wirtschaft ist äußerst konkurrenzfähig, die Staatsfinanzen sind halbwegs im Lot und wir haben einen sozialen Frieden, von dem viele andere Staaten nur träumen können. Die Streikstunden gehen bei uns immer noch gegen Null und wir es gibt keine extremistischen Parteien, die eine Diktatur einführen wollen. Wer krank wird, kriegt nach wie vor eine exzellente Behandlung und im Notfall gibt es die Mindestsicherung und andere soziale Netze, die einen vor dem totalen Absturz bewahren. Klar, wir haben zu viel Bürokratie und zu viele Hürden für Unternehmer, aber insgesamt brummt der Laden doch.
Wer das alles nicht glauben mag, der soll einmal mit offenen Augen durch eine deutsche, französische oder britische Großstadt spazieren. Außerhalb der Hochglanzviertel sieht man dort an jeder Ecke die Not, sieht Obdachlose und (inländische) Bettlerinnen. Das haben wir bei uns nicht und das sollten wir bei uns auch nicht haben wollen.
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