Mit etwas Glück erleben wir im Herbst das bizarre Spektakel, zwischen drei grünen Listen wählen zu dürfen. Den Normal-Grünen unter Ulrike Lunacek, den Rechtsgrünen von der Liste Peter Pilz und den Linksgrünen in der „KPÖ plus“ (Junge Grüne/KPÖ). Über so eine gefinkelte politische Strategie hat einst ein Russe namens Dostojewski ein Buch geschrieben. Es hieß „Der Idiot“.
Nachdem den Grünen mit reichlich Unterstützung von anständigen Demokraten aus allen Lagern der politische Coup geglückt war, einen der ihren zum Bundespräsidenten zu machen, wäre es naheliegend gewesen, auf diesem Überraschungserfolg aufzubauen und jener Mehrheit der Österreicher, die keine ganz rechte Politik will, ein klares politisches Angebot zu machen. Diese Mehrheit gibt es nämlich, denn die Österreicher sind fortschrittlicher, als viele meinen. Bei Umfragen gibt es stets große Mehrheiten für den Sozialstaat, für die „Ehe für alle“, für einen menschlichen Umgang mit Flüchtlingen und für einige Themen mehr, von denen man irrtümlich glaubt, sie wären Minderheitenprogramme. Da sich die SPÖ nicht traut, sich eindeutig als fortschrittliche Partei zu positionieren und FPÖ und ÖVP den rechten Teil der Mitte sowie den rechten Rand bestens abdecken, hat sich links ein großer Raum aufgetan, den sich nur jemand thematisch zu besetzen wagen müsste.
Die Grünen haben aber offenbar was besseres vor, als weiterhin Wahlen zu gewinnen, und zerfleischen sich lieber selbst. Mit etwas Pech werden die Ökos dann in Gestalt einer politischen Trinität bei den Wahlen im Herbst den Einzug ins Parlament verfehlen. Drei Splitterparteien und keine stark genug - das grüne Worst-Case-Szenario.
In ersten Interviews hat Peter Pilz thematische Schwerpunkte für seine noch zu schaffende Liste aufgezählt. Er wolle vor allem gegen die „Bedrohung durch den politischen Islam“ vorgehen. Das ist nun zwar ein ehrenwertes und auch notwendiges Vorhaben, aber es ist auch ein bisschen so, als würde man über die Klagenfurter Völkermarkter Straße fahren, wo sich McDonald´s an Burgerking und Subway reiht, und sagen: „Was da fehlt, ist ein weiteres Fastfood-Restaurant“. Islamkritik machen schon FPÖ und ÖVP, und sie machen sie ziemlich radikal. Aber wer weiß? Die Grünen hatten schon immer einen unterschätzten rechten Flügel. Vielleicht ist dieser Flügel stark genug, dass auf ihm ein Parlaments-Pilz wachsen kann?
Die Jungen Grünen, von der Mutterpartei in einem Akt politischer Selbstverstümmelung ausgeschlossen, wollen mit der KPÖ zusammengehen. Die ist aber außer in einigen steirischen Gemeinden überall nur noch ein ideologischer Leichnam. Ob ein paar junge Linksgrüne dieser Leiche echtes Leben einhauchen können oder ob daraus doch nur eine Comedy-Version von „The Walking Dead“ wird? Man wird sehen.
Ulrike Lunacek und ihre fidelen Original-Grünen werden sich raschest etwas einfallen lassen müssen, wollen sie den Herbst politisch überleben. Themen müssen her, und zwar schnell! Und zwar Themen, die über „Fahrradstreifen für transsexuelle Veganer“ hinausgehen. Kleiner Gratis-Tipp: Alle anderen Parteien kündigen mehr oder weniger harten Sozialabbau an. Das wird alle treffen, die nicht reich sind. In Österreich sind verdammt viele Menschen nicht reich. Nur rund 80.000 von mehr als acht Millionen Einwohnern haben ein Vermögen, das eine Million Euro übersteigt. ÖVP, FPÖ und zunehmend auch SPÖ machen eine Politik, die sich vornehmlich um diese 80.000 kümmert. Wer den restlichen mehr als sechs Millionen Wahlberechtigten etwas anderes anbieten kann als immer nur Kürzungen und Einsparungen, könnte womöglich was reißen.
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