Wie bei allen politischen oder religiösen Extremisten gilt auch bei Rechtsextremen meist die Faustregel: Je größer die Klappe, desto weniger Hirn dahinter. Ein besonders schönes Beispiel für die Gültigkeit dieser Regel liefert gerade die „Identitäre Bewegung“. Die „Identitären“ sind Rechtsextreme und Neonazis aus mehreren europäischen Ländern, die sich einen neuen Namen gegeben haben, aber ganz alte Ideen vertreten. Mit einem gecharterten Schiff, der „C-Star“, wollten diese Leute im Mittelmeer die Seenotrettung von Flüchtlingen behindern und Flüchtlingsboote zurück nach Afrika schleppen. Dafür hatten sie mehr als 100.000 Euro an Spenden bei Gleichgesinnten erbettelt. Wir wollen jetzt gar nicht davon reden, wie es moralisch zu bewerten ist, aktiv die Rettung von Ertrinkenden behindern zu wollen. Rechtsextremisten mit Moral zu kommen ist wie der Versuch, einem Eichhörnchen höhere Mathematik beizubringen. Schauen wir uns lieber an, was diese Genies zuwege bringen, wenn sie ihre großmäuligen Ankündigungen in die Realität umsetzen sollen.
Der erste Geniestreich der rechten Piraten war, einen ehemaligen Oberstleutnant der Schweizer Armee zum Kommandanten der Aktion zu machen. Wie wir alle wissen, haben die Schweizer Streitkräfte eine lange und ruhmreiche Tradition in der Seekriegsführung. Wer erinnert sich nicht an die Zeiten, als die Schweizer Marine alle sieben Meere beherrschte und sogar die Briten vor den wackeren Seeleuten aus Genf und Bern zitterten? Ein Überbleibsel dieser großen Zeit sind die Alphörner, die in Wirklichkeit stilisierte Periskope sind, die an die gefürchtete Schweizer U-Boot-Flotte erinnern sollen.
Die nächste fantastische Idee der „Identitären“ war es, einen Kutter zu chartern, der unter der Flagge von Dschibuti fährt und dessen Mannschaft großteils aus Tamilen besteht, einer Volksgruppe, die im fernen Sri Lanka wohnt. Als die echte Marine der türkischen Republik Nordzypern das Schiff der rechten Möchtegern-Seefahrer zwecks Kontrolle in den Hafen von Famagusta lotste, nutzte die tamilische Mannschaft die Gelegenheit und suchte dort um Asyl an. Da auch noch die Papiere des Schiffes nicht in Ordnung waren, wurden der Kapitän des Schinakls und sein Stellvertreter verhaftet. Der Vorwurf: Schlepperei!
Das also passiert, wenn Rechtsextremisten versuchen, Flüchtlinge von Europa fernzuhalten: Sie brauchen gerade mal eine Woche, um eine ganze Schiffsladung neuer Asylbewerber nach Europa zu bringen – und als Schlepper im Gefängnis zu landen.
Wie dumm, faul und inkompetent kann man eigentlich sein? Um Geld zu sparen und ja nicht selber arbeiten zu müssen, heuert man ein Schiff an, das unter schweizerischem Kommando unter afrikanischer Flagge fährt und dessen Mannschaft aus Sri Lanka stammt. Jeder, der sich auch nur fünf Minuten lang mit globalen Flüchtlingsbewegungen befasst hat, weiß, dass gerade die Minderheit der Tamilen auf Sri Lanka oft Asyl in Australien oder, falls jemand sie so weit transportiert, auch in Europa ansucht. Die „Identitären“, angeblich große Kämpfer wider den Flüchtlingsstrom, wussten das offenbar nicht. Aber, wie schon erwähnt: So ist das mit Extremisten, egal ob rechte oder linke. Sie haben eine ungeheuer große Klappe, sind Weltmeister im Angeben und Ankündigen und wenn es ernst wird stellt sich heraus, dass sie zu blöd sind, ohne schweren Unfall auch nur ein Joghurt aus dem Kühlschrank zu holen.
+++ UPDATE +++ Laut neuesten Information haben die nordzypriotischen Behörden die C-Star und ihre Besatzung wieder laufen lassen – mit der Auflage, nie wieder Nordzypern zu betreten.
Kontakt:redaktion@mein-klagenfurt.at