Schlagzeilen heißen so, weil man damit Menschen, die man nicht mag, schlagen kann. Das zumindest könnte man glauben, wenn man in den vergangenen Tagen diverse Tageszeitungen gelesen hat. Die haben sich auf den roten Kärntner Personalvertreter Hannes Köberl eingeschossen, weil der auf Facebook Bundeskanzler Sebastian Kurz mit deftigen Worten attackiert hatte. Deftige Worte, die man nicht gut finden muss und die man durchaus scharf kritisieren darf, ja sogar soll, denn es müsste ja allen an einem zivilisierten Ton in der Politik gelegen sein, an einem menschlichen Umgang miteinander. Aber deswegen so ein Fass aufzumachen und tagelang in Artikeln und Kommentaren Köberls Kopf zu fordern, ist halt doch arg übertrieben und ein bisschen verlogen, denn allzu viele Medien schauen bei den hunderten „Einzelfällen“ von Rechts gerne weg oder thematisieren sie nie so massiv, wie sie es nötig wäre. Und es gibt da noch einen wichtigen Punkt: Köberl hat den Bundeskanzler, den mächtigsten Mann des Landes, verbal angegriffen. Die Rechten hetzen hingegen gegen Schwächere, gegen Machtlose. Manch ein Journalist rückt derzeit zur Verteidigung der Starken aus und bleibt bei Angriffen auf Schwache leise. Eine ungesunde Entwicklung. Köberl hat sich massiv im Ton vergriffen, keine Frage, aber er hat wenigstens nach oben getreten statt nach unten.
Wir haben es überhaupt schon recht weit gebracht. Wer die Obrigkeit kritisiert, wird mit geballter Medienmacht niedergebügelt. Und wenn einer in seinem Auto einen Menschen von Villach nach Udine mitnimmt, wird er verhaftet und wegen „Schlepperei“ angeklagt. Das ist gerade dem mittlerweile zurückgetretenen Landesparteichef der Grünen, Matthias Köchl, passiert. Der ließ einen Iraker bei sich mitfahren, geriet bei Tarvis in einen Kontrolle der italienischen Polizei und wurde, weil der Iraker keine Papiere bei sich hatte, gleich verhaftet. Er kam zwar einen Tag später wieder frei, muss sich aber einem Prozess wegen „Beihilfe zur Schlepperei“ stellen, bei dem ihm eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren droht!
Köchls Geschichte zeigt, wie absurd streng die Gesetze in vielen europäischen Staaten inzwischen sind. Vor lauter Angst und Hass blind geworden, werfen wir die Errungenschaften eines freien Europa über Bord und schmieden Paragrafen, deren einziger Zweck es ist, normale menschliche Handlungen unter Strafe zu stellen. Vor nicht allzu langer Zeit, als noch nicht alle verrückt geworden waren, galt als „Schlepper“, wer gewerbsmäßig Menschen über Staatsgrenzen schmuggelte. Heute kann jeder, der einen Autostopper mitnimmt, als „Schlepper“ vor Gericht enden. Und wer jetzt sagt: „So sind nun einmal die Gesetze“, dem sei ausgerichtet. dass sich das Unrecht manchmal als juristisches Recht tarnt. Köchl hat mutmaßlich ein italienisches Gesetz gebrochen und muss dafür vor Gericht. Das ist rechtlich gedeckt, aber deswegen noch lange nicht in Ordnung. Wenn Recht zu Unrecht wird, hat unsere Solidarität jenen zu gelten, die von diesem Unrecht bedroht werden und nicht den Eliten, die das Unrecht durchsetzen.
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