Die Arbeitslosigkeit in Österreich entwickelt sich zu einem Flächenbrand und den politisch Verantwortlichen fällt dazu nichts anderes ein, als Benzin in die Flammen zu gießen. Ausgerechnet in einer Zeit, in der es immer weniger Lohnarbeit gibt, wird die Arbeitszeit verlängert, was dazu führt, dass immer mehr Menschen um immer weniger Jobs konkurrieren müssen. Das macht den Menschen zurecht Angst, und Angst führt zu Aggressionen gegenüber Feindbildern und Sündenböcken, die populistische Parteien aufbauen. Die Nachwahlbefragungen zu den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland zeigten, dass neben dem „Ausländerthema“ vor allem die Furcht vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg die Wähler dazu trieb, entweder auf ihr Stimmrecht zu verzichten oder die FPÖ zu wählen. Doch auch die Freiheitlichen haben keine Lösung parat, denn es sind nicht die Ausländer, die uns die Arbeitsplätze wegnehmen, sondern technische Veränderungen.
Österreich hat in den vergangenen paar Jahren die Tagesarbeitszeit verlängert statt verkürzt, das Pensionsantrittsalter erhöht und die Invaliditätspension faktisch abgeschafft. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Löhne zu senken, denn je mehr Leute auf einen kleiner werdenden Arbeitsmarkt gedrängt werden, desto schwächer ist deren Position bei den Lohnverhandlungen. Das mag kurzfristig die internationale Wettbewerbsfähigkeit großer Industriebetriebe erhöhen, führt aber zu einem Zusammenbruch der Inlandsnachfrage, was wiederum immer mehr Klein- und Mittelbetriebe ruiniert und damit weitere Arbeitsplätze vernichtet. Das gefürchtete „race to the bottom“ ist in vollem Gang. Damit ist gemeint, dass sich die Länder gegenseitig mit immer niedrigeren Löhnen und Sozialstandards zu unterbieten versuchen im Kampf um Investitionen multinationaler Konzerne.
Das „race to the bottom“ wird niemandem helfen. Selbst wenn die ganze Welt eine einzige Billiglohnzone wird, wir die Kinderarbeit wieder einführen sowie Urlaub und Pensionen gänzlich abschaffen wird das die goldenen Jahre der Vollbeschäftigung nicht zurückbringen (einmal ganz abgesehen davon, dass das unter Arbeitsbedingungen wie in Bangladesch keine allzu goldenen Zeiten wären). Menschliche Arbeitskräfte können noch so billig werden, sie haben keine Chance gegen die Automatisierung, die in den kommenden Jahren laut Studien allein in Europa bis zu 150 Millionen Jobs überflüssig machen wird. Maschinen und Software werden immer ausgefeilter und können immer mehr Sachen gleich gut oder besser machen als Menschen. Die neue U-Bahn-Linie in Wien, die U5, wird vollautomatisiert sein und ohne Zugführer auskommen. Selbstfahrende Autos stehen kurz vor der Serienreife, womit auch Berufskraftfahrer überflüssig werden. Drohnen liefern in Pilotversuchen bereits Pizza aus. Computerprogramme können schon heute Büroarbeiten effizienter erledigen als jeder Mensch. Beim derzeitigen Fortschritt der Robotik und der künstlichen Intelligenz werden wir auch bald Roboterfrisöre, Roboterkrankenschwestern und möglicherweise auch Roboterärzte haben. Das alles betrifft nicht nur die sogenannten Ungelernten oder Niedrigqualifizierten, sondern auch Menschen mit Top-Ausbildungen. Sogar Börsenhändler, Risikoanalysten und ähnliche bisherige „Alphatiere“ am Arbeitsmarkt könnten schon bald durch günstig zu habende Programme ersetzt werden.
Diese Entwicklung lässt sich nicht mehr aufhalten. Und das wäre auch gar nicht wünschenswert. Das Problem ist nicht, dass Maschinen und Programme den Menschen die Arbeit abnehmen, sondern dass wir immer noch das wirtschaftliche Überleben des Einzelnen von Lohnarbeit abhängig machen. Die Politik muss endlich aufwachen und verstehen, dass die Leute sich nicht grundlos fürchten, sondern sich ganz zu Recht Sorgen machen und sich endlich neue Antworten erhoffen.
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