Die Bilder aus dem Flüchtlingslager Traiskirchen sieht man sich an und will sie instinktiv nicht wahr haben. Menschen, darunter Kleinkinder, die am nackten Boden schlafen. Die Caritas berichtet: „Eine ältere Dame bricht vor uns zusammen, weil sie es nicht länger aushält, in dieser Hitze auf der Wiese zu liegen. Jugendliche die sagen, dass sie sich umbringen wollen, weil sie die Zustände im völlig überfüllten Lager nicht mehr aushalten, manche warten seit Monaten. Es wäre ja eh allen egal, ob sie leben oder tot sind. Es sind nicht fünf oder zehn, es sind unzählige, die jeden Tag kommen und von unhaltbaren Zuständen erzählen. Jeden Tag hören wir zu und wollen nicht glauben, was wir hören. Jugendliche erzählen uns von Gewaltübergriffen, und niemand interessiert sich dafür. So viele klagen über Magenprobleme, Durchfall. Wir sehen Kinder, erschöpft und müde von der Obdachlosigkeit.“ Innenministerin Mikl-Leitner reagiert – indem sie vorschlägt, das Leben der Flüchtlinge noch schlechter zu machen. Man werde vielleicht ändern müssen, dass es für zehn Flüchtlinge ein WC und eine Dusche geben soll. Das könnte ebenso für 20 gelten, sagte die ÖVP-Politikerin am Freitag. Im überfüllten Lager Traiskirchen kam es in der Nacht auf Freitag zu einer Massenschlägerei unter den verzweifelten Insassen. In derselben Nacht schossen mehre Leute in Wiener Neustadt aus einem fahrenden Auto mit Softair-Gewehren auf eine Gruppe von Flüchtlingen.
Sozialminister Hundstorfer ließ unterdessen verlauten, er sei durchaus gesprächsbereit für die Idee, Teile der Mindestsicherung künftig als Wertmarken auszuzahlen. Seine niederösterreichischen SPÖ-Genossen fordern, Mindestsicherungsbezieher zu „gemeinnützigen Arbeiten“ heranzuziehen. Bislang hat noch kein SPÖ-Politiker und keine Gewerkschafterin diesem Ansinnen nach Einführung der Zwangsarbeit für sozial Schwache nach ungarischem Vorbild eine Absage erteilt.
Ist das der aktuelle moralische Stand unserer Politik? Auf die Ärmsten zu prügeln, während es noch nie so viele Millionäre und Milliardäre gab wie jetzt? Flüchtlinge, Langzeitarbeitslose, Kranke und Behinderte – das sind die Schwächsten. Und genau bei denen soll „gespart“ werden? Genau die sollen die Sündenböcke sein für eine miserable Politik, die immer mehr Arbeitslose bei gleichzeitig immer mehr privatem Reichtum produziert? Wir lassen Flüchtlinge auf dem Erdboden schlafen, packen sie in Zelte und zwingen sie, zu zwanzig ein Klo zu benutzen? Und die Menschen, denen unsere Wirtschaft keine Arbeitsplätze zur Verfügung stellen kann, speisen wir wie im Krieg mit Essensmarken ab und schicken sie in Arbeitskolonnen zum Papiersackerleinsammeln oder Hundekotwegräumen? Soweit sind wir schon gekommen? Wenn wir tatsächlich so auf den Hund gekommen wären (was wir nicht sind), dann müssten wir von der Politik verlangen, zuallererst den Rotstift bei sich selber anzusetzen und mindestens zwei Verwaltungsebenen einzusparen. Wir leisten uns die weltweit höchste Dichte an Berufspolitikern und bürokratischer Verwaltung. Wenn wir kein Geld haben, um Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf und Arbeitslosen ein würdiges Auskommen zu geben, warum können wir uns dann 27 Sozialversicherungen, tausende Gemeinden und dutzende Bezirkshauptmannschaften leisten? Ach ja, weil genau aus diesen Institutionen jene Leute kommen, die die Politik machen, und bevor die bei sich selber mal entscheidend einsparen, kommen vorher noch die dran, die eh kaum noch genug zum nackten Überleben haben.
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