Vorige Woche feierte die Welt die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht und damit das Ende des zweiten Weltkrieges in Europa. Im Pazifik ergab sich Japan erst am 2. September 1945, nachdem die USA zwei Atombomben über dem Land abgeworfen hatten. Wären die deutschen Truppen „erfolgreicher“ bei der Bekämpfung der Alliierten gewesen, könnten heute statt Hiroshima und Nagasaki Wien und Berlin als jene Städte in den Geschichtsbüchern stehen, die mit Nuklearwaffen dem Erboden gleich gemacht wurden. Das sollten jene Gehirnakrobaten bedenken, die im 8. Mai keinen Tag zum Feiern sehen, sondern traurig darüber sind, dass ihre Opis besiegt wurden. Ein bisschen Selbsterhaltungstrieb, mehr verlange ich von Leuten, die der Wehrmacht nachtrauern, gar nicht.
Am 8. Mai 1945 endete nicht allein der Krieg, es endete vor allem das Morden. Bis zu diesem Tag hatten die Nazis sechs Millionen Juden, fast drei Millionen Kriegsgefangene, hunderttausende Sinti und Roma, mindestens 250.000 Kranke und Behinderte, zehntausende Nazigegnerinnen sowie Homosexuelle und unangepasste Menschen vergast, erschossen, erhängt, geköpft, vergiftet, verbrannt, ausgehungert und zu Tode geschunden. In der Sowjetunion hatten 20 Millionen Menschen den Überfall durch Nazi-Deutschland mit dem Leben bezahlt. Weltweit starben in diesem von Deutschland begonnenen Weltkrieg rund 80 Millionen. Es fällt bis heute schwer, das alles zu fassen. 80 Millionen Menschen tot weil ein paar Idioten glaubten, sie seien die „Herrenrasse“.
Nach dem Krieg arbeiteten einige europäische Politiker an Ideen, wie man so einen Wahnsinn zukünftig verhindern könne. Der Gedanke, der sich durchsetzte war: Wenn die Staaten Europas wirtschaftlich so zusammenwachsen, dass jeder den anderen braucht und Krieg daher reine Selbstbeschädigung wäre, würde es keinen Krieg in Europa mehr geben. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft entstand, aus der später die europäische Union hervorging. Neben der ökonomischen Zusammenarbeit wurden die Menschenrechte immer wichtiger. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat schon manchen EU-Staat gezwungen, menschenrechtswidrige Gesetze zu ändern. Und genau das passt manchen nicht. Die britischen Konservativen, die vergangene Woche einen Wahltriumph einfahren konnten, haben zweierlei angekündigt: Man wolle eine Volksabstimmung über den Weiterverbleib Großbritanniens in der EU abhalten und man werde die Europäische Menschenrechtscharta nicht länger anerkennen. In ganz Europa sind EU-kritische Parteien entstanden und es gilt als hip, Brüssel zu hassen. Leider fehlen heute Politiker wie der einstige französische Präsident Francois Mitterand. Der sagte einst klipp und klar: „Nationalismus bedeutet Krieg“. Mitterand gehörte einer Generation an, die noch ganz genau wusste, weil durch persönliche Erfahrung gelernt, was Krieg ist und in welche Höllen die Welt abstürzen kann. Die Politiker und Politikerinnen, die jetzt regieren, wissen allenfalls, was die Meinungsumfragen sagen und was die Boulevardzeitungen schreiben. Die interessiert nur die eigene Wiederwahl, wofür sie sogar riskieren würden, dass Europa in einen Kontinent verfeindeter Kleinstaaten zurückfällt.
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