Der Maler und Fotograf Manfred Bockelmann präsentierte vorige Woche im Haus der Begegnung in Maria Saal seine international erfolgreiche Ausstellung „Zeichnen gegen das Vergessen“. Am Rande der Veranstaltung sagte der Künstler, der sich im Personenkomittee für Alexander Van der Bellen engagiert, dass er den Professor für den besseren Kandidaten halte als Norbert Hofer. „Mein Klagenfurt“ berichtete und verlinkte den Artikel auf Facebook. Es folgte ein Shitstorm unterster Schublade.
Hofer-Fans schrieben über Bockelmann unter anderem:„Rotgrünes Dreckspack“, „ultralinke Bazille“, „Prolet“, „eingebildeter Idiot“, „der Mann müsste eigentlich Bückelmann heißten“, „Depp“, „hirnverbrannt“, „charakterloser Möchtegern-Künstler“, „offensichtlich kranker Geisteszustand“, „passt gut zu Demenz-Bello“, „roter Staatskünstler“, „Spinner“, „Systemgünstling“, „geistig verwirrter Schmarotzer“, „Nestbeschmutzer“, „dement“, „Hungerkünstler“, „unzurechnungsfähig“, „Vernichter Österreichs“, „ein Irrer“, „Gockelmann“, „der hat Alzheimer“, „verwirrter Geist“, „Vollkoffer“, „sinnloser und unerfolgreicher Deppenbruder eines Genies“, „Vollidiot“, „Sozialschmarotzer“, „volltrunken“, „er und Van der Bellen können ein Geriatriezentrum füllen“, „der Seniorenclub wird immer größer“, „Vollpfosten“...
Es fällt auf, dass die Beschimpfungen nicht nur ehrenrührig und voller Hass sind, sondern sich immer wieder auf das Alter des Beschimpften und seinen (unterstellten) Gesundheitszustand beziehen. Diese Verachtung für das Alter, dieser Hass auf vermeintlich oder wirklich Kranke – das kommt einem bekannt vor, das kennt man doch von irgendwo her. Tatsächlich war das ein Grundpfeiler der nationalsozialistischen Propaganda. Die Nazis inszenierten sich als politische Bewegung der Jugend, die die „Altparteien“ hinwegfegen würde. Sie gründeten Jugendorganisationen und kümmerten sich darum, dass die jungen Leute möglichst früh mit brauner Ideologie indoktriniert wurden. Dieser Jugendkult hatte einen einfachen und praktischen Grund: Ältere Menschen hatten bereits eine gewisse Lebenserfahrung und wussten noch, was Krieg bedeutet. Die waren also nicht so leicht für radikale Ideen zu begeistern. Außerdem galten Senioren im menschenverachtenden Denken der Nazis als „unnütze Esser“, vor allem dann, wenn sie schon kränkelten. Im Rahmen der Euthanasie-Programme haben die Nationalsozialisten dann auch Hunderttausende kranke Menschen ermordet. Und gegen Kriegsende wurden ältere Menschen im „Volkssturm“ verheizt. Nur um die unabwendbare Niederlage noch ein paar Tage hinauszuzögern, schickten die Nazis alte Männer und Kinder an die Front.
Wer heute Menschen aufgrund ihres Alters beschimpft und meint, politischen Gegnern Krankheiten andichten zu müssen oder diese wegen tatsächlicher Erkrankungen verächtlich machen zu können, mag vielleicht kein Nazi in dem Sinne sein, dass er in einer SS-Uniform herumläuft, aber es steckt viel mehr Nazi in ihm drin, als er wahrhaben will. In Amerika gibt es ein Sprichwort. „Wenn es geht wie eine Ente und redet wie eine Ente, dann ist es wahrscheinlich eine Ente“. Auf die Hasspostings in Facebook bezogen könnte man das abwandeln: „Wenn einer redet wie ein Nazi, dann ist er vielleicht auch einer“.
Die rechten Facebook-Maulhelden schaffen freilich das Kunststück, gleichzeitig übelste Beleidigungen zu verbreiten, die oftmals bis hin zu Todesdrohungen und Vergewaltigungswünschen reichen, und sich als arme Opfer der „politischen Korrektheit“ darzustellen. Auch das ist klassisch für rechtsextremes Denken. Fest austeilen, aber bei der leisesten Kritik sofort aufjaulen. Wir sollten das nicht mehr akzeptieren und die Dinge beim Namen nennen! Wenn einer die Sorge äußert, FPÖ-Kandidat Norbert Hofer sei zu rechts, um Bundespräsident aller Österreicher zu werden, dann ist das nicht dasselbe wie zu schreiben „der Van der Bellen ist dement und krebskrank und eine linke Bazille“. Das eine hat einen hohen Wahrheitsgehalt, das andere ist frei erfunden. Hofer ist ja nicht einfach nur rechts, er steht am äußersten, gerade noch legalen rechten Rand. Wer sich weiße Stutzen zur Lederhose anzieht, sich Kornblumen ins Revers steckt und einen Lieblingsmaler hat, der sich „Odin“ nennt und Bilder im Stile der NS-Kunst malt, der steht nicht in der Mitte, sondern so weit rechts, dass man davor Angst kriegen muss. Hofer ist auch völlig unberechenbar. Einmal kündigt er an, die Regierung sofort entlassen zu wollen, dann rudert er wieder zurück. Heute ist er für den Austritt Österreichs aus der EU, morgen wieder dagegen. Es tut mir sehr leid, aber das ist nicht dasselbe wie ein Wirtschaftsprofessor, der bei seinen Meinungen bleibt und das Amt des Bundespräsidenten nicht dazu missbrauchen will, eine Art Präsidial-Autokratie einzuführen.
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