Laut einer Umfrage wollen über 50 Prozent der Deutschen „Knappe Kleidung“ an Schulen verbieten lassen. Die Umfrage wurde gemacht, nachdem eine Schule ihren Schülerinnen untersagt hatte, Hotpants zu tragen. Als ich das las, musste ich mich mal kurz in meinen knackigen Hintern kneifen um zu prüfen, ob ich nicht träumte und im Traum in die 50er Jahre gereist war. Oder in die 70er, denn ich kann mich noch daran erinnern, dass sogar im Klagenfurt der 70er Jahre noch Mädchen als „Hur“ beschimpft wurden, wenn sie enge Jeans oder eben Hotpants trugen. Dass diese Sexualmoral jemals wiederkehren würde, überrascht mich wirklich. Genau genommen unterscheidet sich das gar nicht so sehr von streng islamischer Frauenunterdrückung, denn die Argumente sind auch bei den Hotpants-Gegnern ähnlich: Freizügig gekleidete Frauen würden die armen Männer verwirren und sozusagen zu Belästigung oder Vergewaltigung auffordern. Das ist nicht nur eine ungeheure Frechheit Frauen gegenüber, auch Männer kommen in so einer Weltsicht ziemlich schlecht weg, da sie als triebgesteuerte Dummbratzen dargestellt werden, die zwischen einer legeren Kleidung und der Aufforderung zum Geschlechtsverkehr nicht unterscheiden könnten. Ginge es nach mir, dürfte jeder und jede anziehen, was ihm oder ihr gefällt, solange er oder sie nicht von der Familie oder sonst wem dazu gezwungen wird. Und basta. Aber mich fragt ja keiner.
Da wir gerade bei Deutschland waren: Das Video, das die deutsche Bundeskanzlerin dabei zeigt, wie sie ein weinendes Flüchtlingskind so ganz und gar missversteht, ist mir sehr nahe gegangen. Wer es nicht gesehen hat: Es war eine Diskussionsendung des Norddeutschen Rundfunks, bei der Merkel mit Jugendlichen redete. Unter den jungen Leuten war auch ein arabisches Mädchen, das mit seiner Familie vor vier Jahren aus dem Libanon nach Deutschland geflohen war. Das perfekt Deutsch sprechende Kind schilderte der Kanzlerin seine Ängste vor einer Abschiebung, woraufhin Merkel dozierte, dass es nun einmal Gesetze gebe, die einzuhalten seien. Als das Mädchen dann in Tränen ausbrach, ging Merkel hin, streichelte seinen Kopf und sagte: „Du hast das doch prima gemacht“. Die Politikerin dachte, das Kind hätte geweint, weil es sich über seine Wirkung im Fernsehen grämte. Dass die Kleine heulte, weil sie Angst vor einer Abschiebung hatte und diese Angst gerade von der höchsten deutschen Politikerin bestätigt bekommen hatte, kam Merkel nicht in den Sinn. Diese Unfähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, nennt man in der Psychologie „Psychopathie“, eine Erkrankung der Seele, die durch fehlendes oder extrem schwach ausgeprägtes Mitgefühl gekennzeichnet ist.
Kein Mitgefühl zu haben scheint unter den derzeitigen Politikern eine wahre Epidemie zu sein, denn fast alle reden sie immer nur von Zahlen und Prozenten und Börsenkursen, aber nur selten von Menschen und Schicksalen. Da sollte es dann niemanden wundern, wenn extrem rechte oder linke Populisten mit einfachen Botschaften punkten, deren Hauptaussage ist: „Ich hab euch lieb und die anderen (Ausländer, Reiche, Arme...) sind die Bösen“. Nur in einem Klima extremer Lieblosigkeit können Parolen verfangen, die statt Liebe immerhin Hass anbieten, das nächst „beste“ menschliche Gefühl.
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