Tierschützer und eigentlich alle Menschen mit ein bisschen Hausverstand haben Innenminister Herbert Kickl vor dem Einsatz von Polizeipferden gewarnt. Pferde, so versuchte man Kickl zu erklären, sind echte Lebewesen und keine Spielzeuge. Kickl zuckte nur mit den Schultern. Und was geschah? Schon beim ersten öffentlichen Auftritt eines Polizeipferdes kam es zu einem schweren Unfall. Bei einem Fototermin in Wiener Neustadt trat ein Polizei-Wallach in ein Schlagloch und stürzte. Die Reiterin, eine Polizeischülerin, brach sich dabei das Schlüsselbein. Zum Glück konnte die junge Frau in einem Unfallkrankenhaus gut versorgt werden, da die Regierung noch nicht dazu gekommen ist, die diese Krankenhäuser zu schließen, wie sie es ja vorhat. Was passiert wohl, wenn Polizeipferde auf randalierende Fußballrowdies treffen, die mit Böllern und Bierflaschen um sich werfen? Pferde, Herr Kickl, sind keine Automaten, sondern Wesen mit Gefühlen. Sie können Angst kriegen, Stress haben, und dann können sie durchgehen, ausschlagen, ihre Reiter abwerfen und sogar beißen. Deswegen werden Polizeipferde in jenen Staaten, wo es sie gibt, seit Jahrzehnten nicht mehr bei Demonstrationen eingesetzt – außer in Diktaturen, wo man auf Mensch und Tier pfeift.
Kickl lässt sich die berittene Polizei einiges kosten. Allein für den Ankauf der Pferde, den Ausbau von Stallungen und ein Trainingsprogramm für Polizisten werden 380.000 Euro ausgegeben. Der jährliche Betrieb wird bis zu 900.000 Euro kosten, wie ein internes Papier aus dem Innenministerium verrät. Damit könnte man über 1.000 Menschen die Mindestsicherung bezahlen. Apropos Mindestsicherung: 182.000 Familien in Österreich beziehen diese Sozialleistung. Nur 100 von diesen 182.000 Familien bekommen die legendären 3.000 Euro Mindestsicherung, von denen ÖVP und FPÖ immer reden. Fast alle Familien, die so viel kriegen, leben in den teuersten Bundesländern Österreichs, also in Vorarlberg, Salzburg und Tirol, und alle haben sie mehr als sechs Kinder. In Kärnten kommt eine sechsköpfige Familie, die Mindestsicherung bezieht, in etwa auf 2.000 Euro. Das sind knapp 334 Euro pro Person und Monat. Es ist ein Kunststück, mit so wenig Geld zu überleben, und es ist ein Rätsel, warum manche neidisch auf so ein karges Leben sind.
Aber so funktioniert Propaganda. Man nimmt zum Beispiel einen Hilfsarbeiter, der 1.500 Euro verdient, und vergleicht ihn mit einer sechsköpfigen Familie, die über 2.000 Euro Mindestsicherung bekommt. Und dann sagt man mit gespielter Empörung: „Das darf doch nicht sein, dass der, der arbeitet, weniger kriegt als die, die Mindestsicherung beziehen“. Als würde eine sechsköpfige Familie nicht viel mehr Geld benötigen als ein Single. Als wäre die Mindestsicherung für Alleinstehende nicht deutlich geringer als der Lohn eines Vollzeitbeschäftigten. Leider fallen manche auf diesen Schmäh herein und vergessen dabei, dass die Mindestsicherung genau das macht, was der Name schon sagt, nämlich das Mindeste zum Überleben zu sichern. Und sie übersehen, dass eine Senkung dieser Sozialleitung natürlich nicht dazu führen wird, dass sich „Arbeit wieder lohnt“, wie ÖVP und FPÖ behaupten, sondern zu einem Lohndruck auf geringe Einkommen. Je geringer die Sozialleitungen sind und je weniger Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe man bekommt, umso niedriger werden die Löhne sein. Und das ist letztlich des Pudels Kern. Mit einer Neiddebatte will man die Menschen dazu bringen, sich ins eigene Fleisch zu schneiden. Mit einer Neiddebatte versucht man, das Lohnniveau in Österreich zu senken.
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