Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts OGM sprechen sich 56 Prozent der Österreicher für eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung (VDS) aus. Die ursprüngliche VDS war vom Verfassungsgerichtshof und vom Europäischen Gerichtshof als grundrechtswidrig gekippt worden. Unsere Regierung macht mit dem geplanten Staatsschutzgesetz aber einen neuen Anlauf für eine Regelung, die den Sicherheitsbehörden umfassenden Zugriff nicht nur auf gespeicherte Telefon- und Internetaktivitäten der Bürger gewähren soll, sondern sogar auf Daten wie Krankenakten und Partei- und Gewerkschaftsmitgliedschaften. Der Verfassungsschutz soll demnach immer dann auf all diese Daten der Bürger zugreifen können, wenn „die Wahrscheinlichkeit eines verfassungsfeindlichen Angriffs“ geprüft werden soll. Das Problem: Laut Gesetzesentwurf geht es dabei nicht nur um Terroranschläge, sondern auch um Sachen wie „gefährliche Drohung“. Geht das Gesetz durch, könnte in Hinkunft jeder mit der Staatspolizei in Konflikt geraten, wenn er mal betrunken im Gasthaus sagt, dem Politiker XY gehöre „der Kopf abgerissen“.
Verfassungsexpertinnen und Menschenrechtsaktivisten warnen vor dieser Entwicklung. Wohl vergeblich, denn die Politiker, die der Polizei immer neue Überwachungsinstrumente in die Hand geben wollen, wissen eine Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Es scheint so, als heble die durchaus berechtigte Angst vor dem Terrorismus die ebenfalls sehr berechtigte Furcht vor der totalen Überwachung aus. Die Bedrohung durch fanatische Mörder ist für viele wohl leichter nachvollziehbar als jene durch staatliche Apparate, die nach und nach die Bürgerrechte aushöhlen und uns immer näher an jene Szenarien heranführen, die George Orwell einst in seinem Roman „1984“ geschildert hat. Dort hat sich der „Große Bruder“ vom fürsorglichen Beschützer zum Staatsterroristen entwickelt, der gnadenlos alles vernichtet, was von der Norm abweicht und sich der Staatsräson nicht bedingungslos unterwirft.
Zwischen Freiheit und Sicherheit besteht seit jeher ein Spannungsverhältnis. Viele Menschen denken, sie könnten auf die Freiheit verzichten, um dafür Sicherheit zu bekommen. Sie bedenken dabei nicht, dass zu einer wirklichen Sicherheit auch gehört, vor den Nachstellungen des Staates sicher zu sein. Wer jemals schuldlos seine Freiheit verloren hat, weil er zu Unrecht einer Straftat bezichtigt wurde, weiß was gemeint ist. Gewalt und Terror können nicht nur von Verbrechern und politischen oder religiösen Extremisten ausgehen, sondern eben auch von Sicherheitsbehörden, die sich verselbständigen und im schlimmsten Fall einen Polizeistaat errichten, in dem der Bürger keine Rechte mehr hat. Diese Gefahr ist realer als manche meinen, denn schon heute sind zum Beispiel Polizei und Justiz so eng miteinander verwoben, dass sie manchmal wie ein monolithischer Block auftreten, der unliebsame Menschen einfach überrollt. Der Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität ist wichtig, doch wenn wir dafür unsere Freiheiten aufgeben, haben nicht wir gewonnen, sondern diejenigen, die unsere Art zu leben zerstören wollen.
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