Journalisten waren nie sonderlich beliebt. In Umfragen rangieren sie seit Jahrzehnten auf den letzten drei Plätzen und balgen sich mit Gerichtsvollziehern und Polizisten um den Titel der verhasstesten Berufsgruppe. Zum Teil liegt das an den Journalisten selbst. Manche Kolleginnen und Kollegen haben keinen allzu ausgeprägten Berufsethos. Sie zitieren Interviewpartner falsch, halten sich nicht an Bitten um Verschwiegenheit, berichten einseitig oder setzen gar Falschmeldungen in die Welt. Die meisten Journalisten versuchen aber, einen guten Job zu machen und die Menschen nach bestem Wissen und Gewissen zu informieren. Es ist eigentlich wie in jedem anderen Beruf: 90 Prozent sind voll okay, aber zehn Prozent sind schwarze Schafe, die den Ruf der großen Mehrheit gefährden. Bis vor Kurzem war es so, dass man Journalisten zwar nicht unbedingt liebte, aber immerhin einsah, wie wichtig deren Beitrag zu einer funktionierenden Demokratie ist. Journalisten, die ihren Beruf ernst nehmen, machen nämlich das, was andere sich entweder nicht trauen oder wozu andere keine Zeit haben: Sie schauen den Mächtigen auf die Finger und decken Skandale auf. Und sie sagen öffentlich und mit großer Reichweite ihre Meinung, auch wenn diese Meinung den Mächtigen nicht passt.
Wer kein Demokrat ist und lieber ohne kritische Stimmen regieren möchte, bringt die Presse auf Linie. Auf seine Linie. In Diktaturen und Halbdiktaturen ist die freie Presse daher das erste, was abgeschafft wird. Unabhängiger Journalismus und Meinungsvielfalt mussten, wie die Demokratie selbst, gegen Monarchen und andere Alleinherrscher mühsam erkämpft werden. Und wie die Demokratie war und ist der unabhängige Journalismus, ist die Pressefreiheit immer wieder aufs Neue in Gefahr. Wenn der amerikanische Präsident die Presse als „Feind des Volkes“ verleumdet und am vergangenen Wochenende Rechtsextreme in der deutschen Stadt Chemnitz unter lautem „Lügenpresse“-Gebrüll auf Journalisten losgingen, sind das nicht nur höchst alarmierende Symptome einer Verrohung der politischen Sitten und einer Verachtung für eine der Säulen der freien Gesellschaft. Das sind auch zwei Vorgänge, die miteinander zusammenhängen. Donald Trump und die Rechtsradikalen in Deutschland eint offenbar der Wunsch, der Presse vorschreiben zu können, was diese nachzuschreiben habe.
Es ist bizarr, wenn rechtsradikale Gruppen, die nachgewiesenermaßen andauernd Lügen verbreiten, die Presse als „Lügenpresse“ beschimpfen. Es ist grotesk, wenn ein Donald Trump, der – auch das wurde nachgewiesen – im Schnitt fünf Lügen pro Woche verbreitet, die Presse als „Fake News“ angreift. Es hat aber System, denn wer seine ganze politische Agenda auf Lügen aufbaut, der will nicht, dass die Bevölkerung diese Lügen durchschaut. Journalisten werden darauf trainiert, Wahrheit von Lüge und Realität von Propaganda zu unterscheiden. Nicht alle Journalisten praktizieren das auch und manche Journalisten machen selber Propaganda, aber das ändert nichts daran, dass das Aufdecken der Wahrheit letztlich der Kern des journalistischen Geschäfts ist. Und genau das müssen jene fürchten, die mit Lügen an die Macht kommen oder sich mit Lügen an dieser Macht halten wollen. Deswegen hassen Extremisten aller Art, ob rechte, linke oder religiöse, den freien Journalismus. Daher schwafeln sie von „Lügenpresse“, „Fake News“ und „Systemmedien“. Und genau deswegen werden Journalistinnen und Journalisten immer wieder zu Opfern von Terroranschlägen, Mordkomplotten, Kriminalisierung und Zensur.
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