Die FPÖ führt gerade vor, was der einzelne Mensch für sie zählt, nämlich ziemlich wenig. Mit der Wahlanfechtung haben die Freiheitlichen ihre eigenen Wahlbeisitzer ins strafrechtliche Messer laufen lassen. Diese Wahlbeisitzer und Mitglieder der Wahlkommissionen hatten nämlich zuerst mit ihrer Unterschrift beglaubigt, dass die Wahl korrekt abgelaufen sei – und gaben dann eine eidesstattliche Erklärung ab, dass es doch Unregelmäßigkeiten gegeben habe. Nun ermittelt das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt. Das ist kein Kinkerlitzchen, denn auf Urkundenfälschung im Amt stehen bis zu drei Jahre Haft und für Amtsmissbrauch drohen sogar fünf Jahre Gefängnis. Es ist dabei völlig egal, ob der Verfassungsgerichtshof der Wahlanfechtung der FPÖ stattgibt oder sie, was wahrscheinlicher ist, in die Rundablage verweist. Etliche FPÖler stecken jetzt in einer juristischen Doppelmühle, denn entweder haben sie per Unterschrift einen Amtsmissbrauch abgesegnet oder in einer eidesstattlichen Erklärung gelogen. Hoffentlich zahlt die FPÖ ihren Funktionären wenigstens einen guten Anwalt, denn sie werden einen brauchen.
Was FPÖ-Chef Strache und seine Strategen mit der Wahlanfechtung beabsichtigen, ist natürlich nicht die Rettung der Demokratie, denn sonst hätten sie schon den ersten Wahlgang anfechten müssen, sondern im Gegenteil das Anpatzen eines demokratisch gewählten Bundespräsidenten. Selbst wenn die Anfechtung abgewiesen werden sollte, wird etwas hängen bleiben, und genau das ist das Ziel. Man will das Vertrauen in die demokratischen Institutionen erschüttern und treibt dazu jeden Tag eine neue Sau durchs Facebook-Dorf. Wenn man jeden Tag hetzt und Verschwörungstheorien verbreitet, bleibt irgendwann was davon hängen, und manche Menschen lassen sich davon dermaßen aufhussen, dass sie dann zu Attentaten aufrufen. So hat jemand auf Straches Facebookseite nach einer „Neun Millimeter Kugel“ für Bundeskanzler Kern gerufen. Das ist kein Spaß und muss ernst genommen werden. In England wurde vorige Woche die Abgeordnete Jo Cox ermordet. Ihr Mörder brüllte „Britannien zuerst“ und „Tod den Verrätern“. Wen das nicht an das „Österreich zuerst“-Geschrei der FPÖ und an die vielen Postings, die von „Volksverrätern“ fantasieren, erinnert, der sieht nicht genau genug hin.
Es ist aller höchste Zeit für ein verbales Abrüsten. Wir dürfen nicht länger hinnehmen, dass Andersdenkende mit Mord und Vergewaltigung bedroht werden, wie das nicht nur Politikerinnen, sondern auch immer mehr Journalistinnen und sogar Normalbürgern passiert, die öffentlich ihre Meinung sagen. Die Hetze und die verbale Gewalt ist der Nährboden, auf dem Terroristen und Attentäter wachsen. Außerdem sind Hetze und Drohbriefe schon für sich allein sehr gewalttätig, denn es ist alles andere als angenehm, beschimpft und bedroht zu werden. Nicht ohne Grund ist das strafbar. Die Parteien, allen voran die FPÖ, müssen wieder zu einem zivilisierten Umgangston finden. Dazu braucht niemand seine Überzeugungen aufzugeben, denn eine Demokratie lebt ja von unterschiedlichen politischen Ansichten, aber dieses andauernde und völlig übertriebene Gezeter muss aufhören! Österreich ist ein Land, in dem es seit dem Zweiten Weltkrieg vergleichsweise wenig politisch motivierte Gewalt gegeben hat. Wir sind eine Demokratie, in der die Menschen miteinander reden statt sich gegenseitig zu erschlagen. Das ist etwas, worauf wir stolz sein können und was wir erhalten sollten.
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