Haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, von „Cum Ex“ oder auch „Cum-Cum“ gehört? Nicht? Okay, die großen Zeitungen haben darüber nicht viel berichtet, denn das ist ja nur der größte Steuer-Betrugsfall der Geschichte und ganz ohne böse Flüchtlinge, also empört es kaum wen. Zur Erklärung: Bei diesen Cum-Ex-Geschäften haben Aktiengesellschaften die europäischen Staaten um rund 65 Milliarden Euro betrogen, indem sie Aktienpakete fröhlich mal in diesem, mal in jenem Land anmeldeten und in jedem Land die Steuerrückerstattung kassierten. Es war eine gigantische Gelddruckmaschine und wie Recherchen ergaben, haben davon fast alle Reichen und Superreichen dieser Welt enorm profitiert. Auf Kosten der europäischen Steuerzahler. Allein Österreich wurde um mindestens 50 Millionen geprellt. Da sollte man doch meinen, dass gegen diesen Sozialbetrug ungeheuren Ausmaßes Maßnahmen ergriffen würden, oder? Ja eh, Innenminister Hebert Kickl hat die Gründung einer Sondereinheit gegen Sozialbetrug angekündigt. Blöd nur: Diese Sondereinheit soll sich nicht um Multimillionäre und Milliardäre kümmern, die den Staat ausnehmen, sondern um möglicherweise pfuschende Arbeitslose und Mindestsicherungsbezieherinnen, die ein paar Euro mehr haben, als erlaubt ist. Man muss halt Prioritäten setzen als Regierung, die eine Politik macht, die sich die Superreichen bestellt haben. Dass Kickls Polizeipferde bei Vermögensberatern und Fonds-Managern einreiten, um diese zu verhaften, werden wir nicht erleben. Dafür muss jetzt jeder, der zum Beispiel beim Hausbau „Nachbarschaftshilfe“ in Anspruch nimmt, damit rechnen, vor Gericht zu landen.
Und während sich die Leute, die finanziell gestopfter sind als jede Weihnachtsgans, ungestraft am Volksvermögen mästen, lauern die großen Finanzhaie bereits auf die Privatisierungen im Gesundheitssystem. Ein deutscher Chef eines Investment-Fonds hat vor kurzem gesagt: „Wird das Gesundheitssystem erst privatisiert, ist das für uns wie eine endlos sprudelnde Ölquelle“. Die Entmachtung der Arbeitnehmervertreter in der Sozialversicherung ist ein erster Schritt in dieses Paradies für die Aasgeier der Hochfinanz. Man verstehe das nicht falsch! Reformbedarf gibt es in Österreich durchaus. Ein kleines Land wie dieses braucht nicht 27 Sozialversicherungsträger, die alle mit Präsidenten, Vizepräsidenten, Direktoren und Vizedirektoren ein Paradies für parteipolitische Günstlingswirtschaft sind. Aber was wir definitiv nicht brauchen, ist eine Entmachtung derer, die am meisten in das System einzahlen, nämlich der Arbeitnehmer. Gegen Zusammenlegungen und Effizienzsteigerungen ist nichts zu sagen, aber gegen die Ausschaltung der Selbstverwaltung zugunsten einer Machtverschiebung von den Arbeitern zu den Arbeitgebern sehr wohl.
Hier muss ich kurz fragen: Sind wir wirklich so blöd? So blöd, dass wir dem Raubzug zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung tatenlos zuschauen, solange die Räuber nur immer wieder „böse Ausländer“ schreien? Offenbar sind wir so doof, denn sonst würden wir sowohl die überbürokratisierten Mehrfachstrukturen in die Wüste schicken als auch die Pseudoreformer, die nur darauf lauern, unseren Sozialstaat an den Meistbietenden zu verhökern.
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