In Kärnten ist GTI-Monat, denn zu einem solchen hat sich das GTI-Treffen längst ausgewachsen. Die Tourismusbranche freut´s, weil ohne die vor allem aus Deutschland heranbrausenden Autofetischisten wäre es im Mai noch ganz schön „still uman See“. Von einem echten Ganzjahres-Tourismus kann rund um den Wörthersee nämlich noch immer keine Rede sein. Also empfängt man die meist jungen Leute mit ihren PS-starken Boliden, wobei böse Zungen behaupten, PS stünde für „Penisstütze“, und wehrt sich nicht mit Händen und Füßen gegen deren Geld.
Im Jahre 1976 hatten die Autogötter in Wolfsburg ein Einsehen mit all den denen, die gerne Sportwagen fahren wollten, sich das aber nicht leisten konnten, und erfanden den Golf GTI. Das Kürzel steht für „Grande Tourisme Injection“ und sollte dem Volkswagen einen Hauch von weltmännischem Flair verleihen. Der Erfolg des Modells verblüffte selbst dessen Hersteller: Die starken Golfs gingen weg wie Schnaps beim Alkoholikerfrühschoppen. Seit damals wurden die GTI mit jeder Generation stärker. Heute bringen sie gut doppelt so viele Pferdestärken an die Vorderräder als vor 41 Jahren. 1982 hatte der Schauspieler und Gastronom Erwin Neuwirth die Idee, in Reifnitz ein Treffen von GTI-Fans zu veranstalten. Ganze 100 Leute kamen im ersten Jahr. Das sollte sich schlagartig ändern. Schon 1987 stürmten dermaßen viele Autonarren an den See, dass die Gemeinde Reifnitz dem Objekt der Verehrung sogar ein Denkmal errichten ließ, einen GTI aus Granit. Doch die zunächst durchwegs positive Stimmung der Kärntner gegenüber den VW-Fans schlug rasch um, als sich unschöne Zwischenfälle mit Rasern, Säufern und Randalierern häuften. Das Treffen wurde umbenannt, offiziell abgesagt, Sponsoren zogen sich zurück, aber die Golf-Enthusiasten kamen trotzdem, und seit 2006 ist der Volkswagen-Konzern ebenso wieder offizieller Sponsor wie andere Firmen und auch die Öffentliche Hand. Die einzige wirkliche Veränderung: Das treffen findet offiziell nicht mehr in Reifnitz, sondern ein paar Meter weiter in Maria Wörth statt.
Seit Jahren ist der Aufmarsch der PS-Freaks ein Politikum. Die einen wollen das Geld der GTIler nicht missen, die anderen beklagen Lärm, Stau, Umweltbelastung und Radau. Wenig überraschend sind die Grünen eher keine so großen Fans dieser jährlichen Huldigung des Verbrennungsmotors. Die anderen Parteien sind in der GTI-Frage ebenso gespalten wie die Bevölkerung. Hoteliers und Gastwirte meinen, dass Geld nicht stinkt, und für manchen Betrieb sind die GTI-Wochen nahezu überlebenswichtig. Während kritische Geister mahnen, man solle Kärnten lieber als Land von Kunst und Kultur und hübscher Landschaft verkaufen statt als Pilgerstätte für PS-Süchtige, schreien andere nur: „Gummi Gummi!“ Wer recht hat, ist nicht leicht zu sagen, aber immerhin kann man ja, außer man ist Anrainer, dem Spektakel aus dem Weg gehen. Wer nicht gerade am Südufer des Wörthersees wohnt, kriegt gar nicht so viel mit davon, dass gerade tausende GTI mehr als sonst im Land herumgurken. Dem Rest von Kärnten ist das ganze also ziemlich wurscht, weswegen mit dem Thema auch keine Landeswahlen zu gewinnen oder zu verlieren sind. Wer vom GTI-Treffen genervt ist, kann sich mit dem Gedanken trösten, dass irgendwelche Archäologen in zehntausend Jahren den Granit-GTI ausgraben und sich hübsche Theorien über die Religion im 21. Jahrhundert zusammenreimen werden.
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