Überschrift in der Tageszeitung „Die Presse“ am 2. Juli: „Hofer bekräftigt Willen zum EU-Ausstiegsreferendum“.
Überschrift in der Tageszeitung „Die Presse“ am 8. Juli: „Norbert Hofer: EU-Austritt wäre Schaden für Österreich“.
Zwischen den beiden Headlines veröffentlichten mehrere Meinungsforschungsinstitute Umfrageergebnisse aus denen hervorging, dass die Österreicher mit recht deutlicher Mehrheit in der EU bleiben wollen. Norbert Hofer hat sein Fähnchen also nach dem Wind gerichtet und sagt in Interviews das, wovon er meint, es sei mehrheitsfähig. Das kann man entweder als gesunde Flexibilität bezeichnen oder auch als Prinzipienlosigkeit. Ob ein Politiker, der seine Meinung immer wieder ändert, tatsächlich für das höchste Amt im Staate geeignet ist, bleibt zu hinterfragen.
In der FPÖ rumpelt es zum Thema EU überhaupt recht laut derzeit. Während Präsidentschaftskandidat Hofer zurückgerudert ist und vor einem EU-Austritt warnt, will Parteichef Strache die Idee einer Volksabstimmung zum Austritt aus der Union noch nicht aufgeben. Das sind womöglich schon die Vorbeben zu einem Machtkampf in der FPÖ, der dann voll ausbrechen wird, falls Hofer doch nicht Präsident wird. Wie der „Klage“ aus FPÖ-Kreisen gehört hat, war Hofer von Anfang an gar nicht so begeistert von der Wahlanfechtung. Und es mehren sich die Stimmen, die Hofer lieber als Parteichef sehen würden statt als Bundespräsident. Man rechnet sich mit dem moderater wirkenden Burgenländer bessere Chancen aus als mit dem auf Dauerkrawall gebürsteten Strache.
Es wird noch spannend, wer sich letztlich bei den Freiheitlichen durchsetzen wird: Die harten Ideologen oder die Vernünftigen. Es geht hier tatsächlich um den Widerspruch zwischen ideologischen Wunschträumen und Wirklichkeit, denn wenn schon die Briten jetzt mit einer massiven Abwertung ihrer Währung und mit drohender Abwanderung von Unternehmen zu kämpfen haben, kann man sich ausrechnen, was im kleinen Österreich los sein würde. Österreich hat mit Ausnahme der Schweiz lauter EU-Mitgliedsstaaten als Nachbarn. Fast unser ganzer Außenhandel findet mit Deutschland, Italien, Slowenien, Ungarn, Slowakei und Tschechien statt. Und die Schweiz ist beim EWR, also sozusagen ein EU-Mitglied ohne Stimmrecht. Würden wir aus der EU austreten, wären die Folgen für alle exportierenden Unternehmen verheerend. Es würde eine Kostenlawine auf uns zukommen und ein wahrer Alptraum an Bürokratie, da wir für jedes Produkt, das wir zum Beispiel in Italien verkaufen, neue Exportpapiere und Verträge brauchen würden. Während alle um uns herum frei handeln, müssten wir Zölle zahlen und jedes Geschäft einzeln durch die Bürokratiemühle drehen. Das wäre, mit Verlaub, idiotisch. Wir können auch keine „zweite Schweiz“ werden, weil die erste, die originale Schweiz ja noch da ist und niemand eine zweite braucht. Für den normalen Bürger hieße ein EU-Austritt, wieder an den Grenzen im Stau zu stehen und das Recht auf freie Niederlassung in der EU zu verlieren. Wir würden zu Europäern zweiter Klasse werden. Die Europäische Union braucht sicher Reformen, keine Frage, aber die können wir nur von innen anstoßen, nicht als Außenseiter ohne Mitspracherecht.
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