In Europa findet ein Krieg statt, über den erstaunlich wenig berichtet wird. Es ist ein Krieg, bei dem Männer die Angreifer sind und Frauen die Opfer. Und es sind meist nicht irgendwelche „ausländischen“ Unholde, die die Taten verüben, sondern Ehemänner, Partner und Ex-Partner. In Österreich wurden 2017 laut Angaben des Bundeskriminalamtes 32 Frauen von ihren Gatten oder Partnern ermordet. 77 mal versuchten Männer, ihre Frauen umzubringen, scheiterten aber zum Glück. In Deutschland fielen 2017 nicht weniger als 147 Frauen einem häuslichen Mord zum Opfer. In Italien bringen jedes Jahr rund 200 Männer ihre Frauen um. Die Zahl anderer Gewaltverbrechen wie häusliche Vergewaltigung und brutales Verprügeln geht europaweit in die Zehntausende. Jahr für Jahr. Diese Zahlen sind seit Jahrzehnten ziemlich konstant. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Männer kann häusliche Konflikte offenbar nicht anders „lösen“ als mit Gewalt.
Neben der harten körperlichen Gewalt leiden viele Frauen unter Psychoterror durch ihre Partner. Krankhafte Eifersucht, ständige Herabwürdigungen und Beschimpfungen, faktische Entmündigung durch totale finanzielle Kontrolle – das und mehr gehört zu den Waffen, die Männer gegen Frauen einsetzen. Gegen diese Gewalt werden moralische Appelle nicht ausreichen, auch wenn es wichtig ist, das Problem überhaupt erst mal zu thematisieren. Gewalt ist in erster Linie eine Machtfrage. Wer stärker ist, und zwar vor allem finanziell stärker, fühlt sich oftmals ermächtigt, den Schwächeren zu misshandeln. Daher ist eine der wirkungsvollsten Strategien gegen Gewalt an Frauen die wirtschaftliche und politische Stärkung der Frauen. Wer sein eigenes Geld verdient, kann notfalls einfach ausziehen und sich ein neues Leben weit weg vom prügelnden Ehemann aufbauen. Wer wirtschaftlich abhängig ist, traut sich das oftmals nicht. Und wo Frauen in der Politik eine Minderheit sind, wähnen sich Männer eher dazu ermächtigt, Gewalt auszuüben als dort, wo Frauen mindestens die Hälfte der politischen Macht haben, wie es ihnen zahlenmäßig zustehen würde.
Solange wir uns nicht dazu aufraffen können, allen Menschen ein eigenständiges wirtschaftliches Überleben zu ermöglichen, brauchen wir Übergangslösungen wie Frauenhäuser, Beratungsstellen und andere Institutionen, die es auch Frauen ohne ausreichendes eigenes Einkommen ermöglichen, ihren Peinigern zu entkommen. In den vergangenen Jahren haben es sich viele allzu bequem gemacht, indem sie die Schuld für Gewalt gegen Frauen vor allem „Ausländern“ zuschoben. Wer es ernst meint damit, solche Gewalttaten abzulehnen, muss aber gegen alle Formen der Gewalt aufstehen und sie nicht nur dann anprangern, wenn die Täter eine andere Hautfarbe, Religion oder Nationalität haben.
Vom 25. November bis zum 10. Dezember finden weltweit Aktionen gegen diesen unerklärten Krieg statt. Der 25. November ist der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen und der 10. Dezember ist der internationale Tag der Menschenrechte. Dass Frauenrechte Menschenrechte sind, hat sich nämlich immer noch nicht zu allen durchgesprochen. Jede fünfte Frau in Österreich ist Opfer häuslicher Gewalt. Allein in Kärnten mussten im Vorjahr 146 Frauen und 125 Kinder vor gewalttätigen Ehemännern und Lebenspartnern in Frauenhäuser fliehen. In den kommenden Tagen werden viele öffentliche Gebäude, darunter auch die Landesregierung in Klagenfurt, orange beleuchtet, denn Orange ist die Farbe der weltweiten Kampagne gegen die Misshandlung von Frauen.
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