Wie fangen eigentlich Bürgerkriege an? Kommen die plötzlich aus dem Nichts, ohne Vorwarnung? Nein, die fangen so an, wie wir es vorige Woche an der Universität in Klagenfurt gesehen haben. Gruppen junger Männer stürmen Veranstaltungen, die ihnen nicht passen, und machen Radau. Die sogenannten „Identitären“, die eine Vorlesung zum Thema Flüchtlingsbetreuung an der Uni gesprengt haben, arbeiten seit Monaten darauf hin, Angst und Schrecken zu verbreiten. In Graz haben sie die Parteizentrale der Grünen besetzt, in Wien ein Theaterstück gestört und in Klagenfurt eine Vorlesung niedergebrüllt. Diese „Identitären“ sind keine harmlose Truppe von Aktivisten, sondern haben personelle Verbindungen in die ganz harte Neonaziszene hinein. Das sind Leute, die unsere Demokratie abschaffen und durch einen autoritären Führerstaat ersetzen wollen.
Die Identitären behaupten, sie würden „unsere Werte“ verteidigen. Das genaue Gegenteil ist wahr. Unsere Werte sind die bürgerlich liberalen demokratischen Werte. Unsere Werte sind der friedliche Austausch von Meinungen, Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat. Unsere Werte sind NICHT Gewalt, Niederbrüllen von Andersdenkenden und das Recht des Stärkeren auf der Straße. Unsere Werte leiten sich unter andrem davon ab, dass wir hier einst die schlimmste Diktatur der Weltgeschichte hatten, unter der Millionen Menschen ermordet wurden, nur weil sie anders waren, und die schließlich zu einem Weltkrieg führte, in dem 80 Millionen Menschen ums Leben kamen. Seither gehören Ideologien, die sich positiv auf diese Diktatur beziehen, nicht zu denen, die unsere Werte vertreten, sondern zu denen, die unseren Werten am fernsten sind.
Die Identitären sind aber nicht nur gefährlich, sie sind gleichzeitig auch eine Lachnummer. Sie machen bei ihren Aufmärschen immer den Schlachtruf aus dem Film „300“ nach. Das ist nämlich ihr Lieblingsfilm. Er zeigt die legendäre Schlacht der Spartaner gegen die Armee der Perser. Der Film zeigt aber auch eine großteils fiktive spartanische Gesellschaft, in der die Männer lauter durchtrainierte Superhelden sind, kranke Kinder ermordet werden, Frauen nur Anhängsel der Männer sind und eine Art faschistische Militärdiktatur herrscht. Sowas würde den Identitären also gefallen, nur leider sind sie selber alles andere als gestählte spartanische Krieger. Wie man an den Videoaufnahmen vom Sturm der Identitären auf die Universität Klagenfurt erkennen kann, sind diese Leute optisch ziemlich das Gegenteil dessen, was sie im Film bewundern. Anspruch und Wirklichkeit klaffen da kilometerweit auseinander. Aber das ist bei Rechtsradikalen ja nichts neues.
In Wien haben die Identitären am Samstag demonstriert. Gegendemonstrantinnen verstellten ihnen den Weg und die Polizei bahnte den Rechten teils sehr brutal eine Gasse. Die Publizistin und ehemalige ORF-Korrspondentin Susanne Scholl schrieb angesichts der Krawalle auf Facebook: „Wir sind schon wieder mitten im Krieg und merken es nicht.“ Wir wollen es nämlich nicht merken. Wir machen die Augen fest zu und hoffen, dass das alles wieder vorüber geht. Wird es aber nicht, wenn nicht alle Menschen, die lieber in einer Demokratie statt in einer Diktatur leben wollen, endlich ihre Differenzen überwinden und sich gemeinsam den Rechtsextremisten entgegen stellen. Unsere Werte sind tatsächlich in Gefahr, aber es sind nicht Flüchtlinge oder andere „Fremde“, die sie gefährden, sondern diese rechtsextremen Idioten.
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