Bei den britischen Wahlen waren zwei Dinge besonders bemerkenswert. Zunächst einmal die Performance der Labour Party. Die Sozialdemokraten unter Jeremy Corbyn, denen noch vor drei Monaten eine furchtbare Niederlage vorhergesagt wurde, legten massiv zu und kamen ganz knapp an die regierenden Konservativen heran. Die zweite Überraschung: Kleinparteien wie die rechtsnationalistische UKIP und die linksnationalistische Schottische Unabhängigkeitspartei wurden regelrecht in ihre Bestandteile zerlegt. Labour und Tories teilten sich die Stimmen der Kleinen im Verhältnis 50:50 untereinander auf. Der Grund dafür lag in einer klaren Positionierung der Großparteien. Labour trat mit einem klassischen sozialdemokratischen Programm an, das sich ganz auf Arbeitnehmer, ärmere Menschen und die Jugend konzentrierte. Corbyn versprach ein Ende der „Sparpolitik“ und kündigte viele soziale Wohltaten an. Bei der Frage der Finanzierung blieb er ein bisschen vage. Die Konservativen boten eine harte wirtschaftsliberale Politik an, was sie zwar die absolute Mehrheit kostete, ihr aber viele Stimmen der marktradikalen Teile der Rechtsaußen-Partei UKIP einbrachte. Anders gesagt: Die Programme der großen Parteien waren eindeutig voneinander zu unterscheiden, weswegen die Wähler wussten, woran sie sind. Und wenn es einen klaren Lagerwahlkampf gibt, leiden die Kleinparteien.
Nun kann man britische Verhältnisse nicht einfach auf Österreich übertragen, aber ein paar Dinge könnten unsere Parteien davon wohl doch lernen. Die wichtigste Lektion aus London lautet: Verlasse dich nie allein auf Meinungsumfragen und glaube nicht, die großen Zeitungen wären allmächtig! Die Labour Party hat massiv dazugewonnen, obwohl alle Meinungsforscher fest davon überzeugt waren, dass sie mit einem linken Kandidaten und einem linken Programm keine Chance hätte. Und fast alle britischen Zeitungen haben eine wahre Schmutzkübel-Kampagne gegen Labour-Chef Corbyn gefahren. Die britischen Roten ließen sich davon nicht beirren und schafften es mit einem Wahlkampf, der vor allem auf persönliche Kontakte und auf Facebook setzte, dem Gegenwind nicht nur standzuhalten, sondern umzudrehen. Egal, ob eine Partei nun links oder rechts ist - Mut zahlt sich aus und die Menschen belohnen Politiker, die klar Position beziehen und dazu auch bei starker Kritik stehen.
Statt sich darüber zu zerfransen, wie man es mit der FPÖ halte, wäre die SPÖ wohl mit einer klaren sozialen Strategie besser beraten. Die Sozialdemokraten haben wohl schon verdrängt, dass in diesem Land die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer noch die Zwei-Drittel-Mehrheit der Bevölkerung stellen. Eine deutlich „linkere“ Haltung, die sich an sozialdemokratischen Grundsätzen orientiert, wäre womöglich der Schlüssel zu einem roten Wahlerfolg. Die ÖVP wiederum reitet derzeit zwar auf der Erfolgswelle ihres ungeheuer beliebten neuen Parteiobmanns, läuft aber Gefahr, sich von den guten Umfrageergebnissen einlullen zu lassen. Genau das ist in England der Schwesterpartei der ÖVP passiert. Sebastian Kurz sollte nun bald mit konkreten inhaltlichen Ansagen kommen statt nur mit Andeutungen und fetzigen Slogans, sonst könnte er den Bonus, den er jetzt hat, doch noch verspielen. Dennoch ist die Richtung der ÖVP derzeit klarer erkennbar las jene der SPÖ. Mit Kurz, soviel scheint deutlich, kriegt man eine wirtschaftsfreundliche Politik bei gleichzeitigen Kürzungen im Sozialbereich und in der Verwaltung. Das muss man nicht mögen, aber wenigstens weiß man in etwa, woran man ist.
Schwer wird es für FPÖ und die Grünen. Seit SPÖ und ÖVP nach rechts gerückt sind, haben die Freiheitlichen Probleme damit, mit ihren Kernthemen zu punkten. Falls sie geschickt sind, könnten sie aber ÖVP und vor allem SPÖ so weit nach rechts drücken, dass denen die eigenen Kernwähler wegbrechen, während andere Wähler das Original FPÖ den „Kopien“ SPÖ und ÖVP bevorzugen. Wie es aussieht, hat Strache das auch verstanden und versucht, genau das umzusetzen. Die Grünen müssten, um im Herbst nicht neben Rot, Schwarz und Blau unterzugehen, stärker auf Themen setzen, mit denen größere Teile der Bevölkerung etwas anfangen können. Überspitzt gesagt: Die Grünen dürfen thematisch sich nicht nur auf Fahrradwege für Transsexuelle beschränken, sondern sollten sich als Stimme all jener anbieten, die von den anderen Parteien wortwörtlich links liegen gelassen werden.
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