Vorige Woche wurde deutlich, wer in der österreichischen Regierung der Chef ist und wer der Hilfsarbeiter. Nachdem Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) live im Fernsehen versprochen hatte, die Notstandshilfe werde nicht abgeschafft und Arbeitslose würden nicht in die Mindestsicherung abrutschen, musste sie das nur einen Tag später zurücknehmen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte sich durchgesetzt. Die Notstandshilfe, die man derzeit unbefristet beziehen kann, soll in ein „Arbeitslosengeld neu“ umgewandelt werden, das ein Ablaufdatum hat. Wer nach Ablauf dieser Versicherungsleistung noch keine neue Arbeit gefunden hat, muss die Mindestsicherung beantragen - und muss somit Haus, Wohnung, Auto und alles andere, was mehr als 4.000 Euro wert ist, verkaufen. Hartinger-Klein verspricht zwar immer noch, dass das nicht passieren wird, aber welches Gewicht ihre Aussagen haben, hat man ja gerade gesehen. In dieser Regierung passiert das, was die ÖVP, will und die ÖVP will eine österreichische Variante von Hartz IV.
Hartz IV nennt man in Deutschland die Reform der Arbeitsmarktgesetze, die von der damaligen rot-grünen Regierung ab dem Jahr 2002 umgesetzt wurden, Ausgearbeitet wurden diese Reformen von Peter Hartz, einem ehemaligen VW-Manager, der später wegen systematischer Bestechung von Betriebsräten und Veruntreuung von Firmengeldern rechtskräftig verurteilt wurde. Hartz hatte VW-Betriebsräten unter anderem Bordellbesuche finanziert, damit sie taten, was die Firmenleitung wollte. Es sagt viel über den Verfall der Moral aus, dass man so einem Mann die größten Sozialreformen anvertraute, die Deutschland seit Jahrzehnten erlebt hatte. Und es überrascht nicht, dass dabei ein Programm herausgekommen ist, das Arbeitslose enteignet und entmündigt. Hartz IV hat die Arbeitslosigkeit nicht bekämpft, sondern die Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt, denn wer einmal in diesem System drin ist, kommt fast nie mehr heraus. Warum? Weil den Betroffenen jedes Vermögen und jeder Cent, den sie irgendwie verdienen, weggenommen wird. Das demoralisiert und erstickt jede Eigeninitiative. Die SPD hat seit der Einführung von Hartz IV übrigens keine Wahl in Deutschland mehr gewonnen und liegt derzeit bei knapp 20 Prozent.
Eigentlich sollte es uns überraschen, dass eine angeblich christlich-soziale Partei wie die ÖVP den brutalen Sozialabbau, den ein deutscher Wirtschaftskrimineller erfunden hat, so dringend in Österreich einführen will. Aber in der Kurz-ÖVP haben die Christen und die Sozialen nichts mehr zu melden. Es ist halt „der neue Stil“, die 167.000 Österreicherinnen und Österreicher, die derzeit Notstandshilfe beziehen, in das „Arbeitslosengeld neu“ zu drängen, worunter dann wohl die Mindestsicherung zu verstehen ist. Kurz, der noch nie in seinem Leben arbeiten musste, findet, dass es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie den Arbeitslosen zu gut gehe. Und wahrscheinlich spekulieren einige reiche Gönner der neuen Regierung schon auf all die günstigen Wohnungen und Häuser, die unter den Hammer kommen, wenn die Notstandshilfe abgeschafft wird.
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