Das Gesichtsverhüllungs-Verbot zeigt erste Erfolge. Erwischt wurden: Eine Radfahrerin mit Schal im Gesicht, ein Mann mit einem Haifisch-Kostüm, einer mit einem Legomann-Kostüm und sogar das Maskottchen des Parlaments. Burkaträgerinnen kommen in der polizeilichen Erfolgsbilanz bislang nicht vor. Wir verteidigen „unsere Werte“ also vor allem gegen Mitbürger, die aus beruflichen Gründen Verkleidungen tragen oder denen kalt ist. Das kommt halt bei populistischen Husch-Pfusch-Gesetzen heraus. Ähnlich ist es mit der Kürzung der Mindestsicherung in Ober- und Niederösterreich. Die trifft auch nicht in erster Linie Ausländer, sondern alleinerziehende Mütter, schwer vermittelbare Arbeitslose über 50 und Behinderte. Das ist alles in etwa so, als würde man über Annabichl eine Atombombe abwerfen, weil sich dort ein Taschendieb versteckt. Unverhältnismäßiger geht es fast gar nicht.
Grundsätzlich ist es natürlich gut, wenn die Regierung was gegen die extremen Formen des Islam unternimmt. Ob das mit Bekleidungsverboten funktioniert, ist aber fraglich. Wenn ein Mensch streng gläubig ist, werden ihn Sachen wie das „Burka-Verbot“ nur in seinem Wahn bestärken, von bösen Ungläubigen umgeben zu sein. Auf extremistischen Websites ist Österreich seit dem Verhüllungsverbot als Terrorziel nach oben gerückt. Vor Anschlägen hat uns bisher geschützt, dass wir ein recht unbedeutendes Land sind und unsere Sicherheitskräfte gute Arbeit leisten. Burka-Verbote machen Österreich nicht sicherer, sondern halsen der Polizei unnötige Mehrarbeit auf. Terroristen und andere Verbrecher freuen sich darüber natürlich, denn wenn die Polizei Schalträgerinnen und Maskottchen abstrafen muss, hat sie weniger Zeit, um gegen die echten Gefahren vorzugehen.
Sollen wir Burka und Niqab also einfach hinnehmen? Nein, aber wir sollten uns was besseres einfallen lassen als Gesetze zu machen, über die halb Europa lacht. Wir müssen Frauenhäuser ausbauen und mit verstärkter Sozialarbeit dafür sorgen, dass wir rechtzeitig Wind davon bekommen, wenn Frauen und Mädchen von fanatischen Muslimen unterdrückt werden. Diesen Frauen und Mädchen ist dann zu helfen und sie sind zu beschützen. Wenn so eine Frau den Mut findet, ihren streng gläubigen Mann zu verlassen, dann müssen wir dafür sorgen, dass sie nicht nur vor ihm geschützt wird, sondern auch nicht mehr wirtschaftlich von ihm abhängig ist. Hier kommt wieder die Mindestsicherung ins Spiel, die so viele Politiker gerne kürzen möchten. Eine Mindestsicherung für eine Frau, die sich von ihrem extrem religiösen Umfeld lossagt, ist gut investiertes Geld. So eine Frau wird unsere Gesellschaft dann nämlich als hilfsbereit wahrnehmen und ihre Kinder nicht gegen uns aufhetzen.
Anstatt per Gesetz darüber zu bestimmen, wie sich Menschen anziehen dürfen, wäre es also besser, wenn wir Frauen und Mädchen stärker und unabhängiger machen. Das klingt nicht so knallig nach „durchgreifen“ wie ein „Burka-Verbot“, aber laute Krachbumm-Politik ist nicht immer die klügste. Und jetzt hoffen wir, dass die Polizei in den kommenden Monaten nicht Weihnachtsmännern vor den Augen weinender Kindern die Bärte abnimmt.
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