Caritas-Präsident Michael Landau schlägt Alarm: 1,2 Millionen Menschen in Österreich sind arm, 430.000 davon „manifest arm“, was bedeutet, dass diese Leute sich Essen, Heizen, Miete und Zahnarztkosten nicht oder nur extrem schwer leisten können. Besonders oft von Armut betroffen sind alleinerziehende Frauen und deren Kinder. Der Klage kennt selber eine Klagenfurterin, Frau M., die mit ihrem behinderten Sohn ständig am Rand der Obdachlosigkeit leben muss. Der Herr Papa zahlt keine Alimente, die Pflegestufe für ihren Sohn ist sehr niedrig angesetzt und mit der Mindestsicherung kommt sie auf ein Monatsbudget von 800 Euro, wovon gut 400 für die Miete draufgehen. Sie ist eine von den Leuten, die nach Meinung einiger Politiker, die selber bis zu 15.000 Euro im Monat verdienen, zu viel haben. Frau M. Muss jeden Cent dreimal umdrehen und hat ständig Angst, dass ein Haushaltsgerät kaputt gehen könnte oder eine unerwartete Rechnung wie zum Beispiel eine Zahnarztrechnung ansteht. Sie kann sich weder Reparaturen noch teure Ärzte leisten.
Der österreichische Sozialstaat ist zwar im internationalen Vergleich immer noch gut ausgebaut, aber das soziale Netz wird immer grobmaschiger. Was die Herrschenden „Reformen“ nennen, ist immer nur eine Verschlechterung für die ärmsten Teile der Bevölkerung. Da aber derzeit keine wirkliche politische Alternative in Sicht ist, nehmen immer mehr Bürgerinnen und Bürger die Sache selbst in die Hand und versuchen mit Initiativen wie der „Lebensmittelrettung“ wenigstens dafür zu sorgen, dass Menschen wie Frau M. nicht hungern müssen. Lebensmittelretter klappern abends Supermärkte, Bäckereien und Fleischereien ab und nehmen das Essen, das sonst weggeworfen werden würde, mit um es an Bedürftige zu verteilen. In immer mehr österreichischen Städten entwickeln sich ähnliche Projekte. Das ist einerseits gut und wichtig, andererseits aber auch ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft, in der die einen immer reicher werden und die anderen sich nicht mal mehr Nahrung und Wohnen leisten können.
Jede Privatinitiative, die Menschen in Not hilft, ist zu begrüßen. Aber wir sollten nicht vergessen, daneben auch politische Forderungen zu stellen. Es darf kein Dauerzustand sein, dass Menschen in diesem stinkreichen Land von der Großzügigkeit und Spendenbereitschaft anderer abhängig sind. Es muss ein RECHT darauf geben, dass die Grundbedürfnisse wie Nahrung, Gesundheitsversorgung und menschenwürdiges Wohnen für jeden Menschen abgedeckt werden. Wer das nicht will, muss dann auch damit leben, dass die Zahl der Obdachlosen ebenso explodiert wie die Verbrechensrate. Das ist der Weg, den die USA gegangen sind. Die Sozialpolitik wurde faktisch abgeschafft und stattdessen wurden viele Gefängnisse gebaut. Die Wohlhabenden ziehen sich dort vor lauter Angst vor den Habenichtsen in bewachte Ghettos zurück. Bei uns dagegen können sich auch sehr reiche Menschen noch halbwegs ungefährdet öffentlich zeigen. Wenn man schon nicht aus Menschenfreundlichkeit eine soziale Politik machen will, dann wenigstens aus Selbstschutz. Hungrige Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, sind nämlich gefährlich.
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