Ostern ist vorbei, aber das Eierpecken geht weiter. Corinna Milborn, Info-Chefin und Moderatorin von „Puls 4“, hat via Facebook-Video den Extremsportler Felix Baumgartner eingeladen, in ihrer Sendung ein Streitgespräch zum Thema Frauenbild zu führen – falls Baumgartner „Die Eier“ dazu habe, so Milborn. Zuvor hatte der steuerschonend in der Schweiz lebende Baumgartner Milborn brutal angegriffen. Weil die Journalistin ein Werbeplakat des Unterwäscheherstellers Palmers, auf dem sechs nur mit Höschen bekleidete Mädchen am Bauch liegend abgebildet waren, kritisierte, giftete er auf Facebook: „Schön wenn sich zuhause wieder einige sogar zu Ostern aufregen! Allen voran Puls-4-Infochefin und -Moderatorin Corinna Milborn, bei der Figur kein Wunder. Ich finde die Mädls weltklasse und springe da gerne mal dazwischen rein, auch ohne Fallschirm“. (Rechtschreibung samt willkürlicher Beistrichsetzung und Rufzeichenverwendung im Original).
Nun könnte man fragen, was der auch schon 48 Jahre alte Baumgartner an sechs Teenager-Mädchen findet und ob er sich vielleicht vor ausgewachsenen Frauen ein bisschen fürchtet. Aber das wird er hoffentlich im Fernsehen klarstellen, denn er hat ja wohl „Die Eier“, um sich Milborn zu stellen und endgültig zu klären, dass er sowohl Hoden als auch ein funktionierendes Gehirn hat, oder? Das Problem hier sind aber gar nicht die sexuellen Fantasien eines fast 50-jährigen Mannes, denn selbst noch so grindiges Kopfkino ist ja erlaubt, sondern die Selbstverständlichkeit, mit der er sich herausnimmt, eine Frau wegen ihres Äußeren anzugreifen. Und hinter dieser Frechheit steht der Sexismus einer Kultur, die Menschen, nach wie vor vor allem Frauen, auf ihr Aussehen reduziert und danach bemisst. Große Firmen wie Palmers prägen mit ihren Plakaten Schönheitsvorstellungen, nach denen dann alle Frauen gemessen werden sollen. Dahinter stecken betriebswirtschaftliche Strategien. Denn nur dann, wenn Frauen erfolgreich vermittelt wird, sie seinen körperlich unzulänglich und nicht so attraktiv wie die Models auf den Fotos, kriegt man sie dazu, möglichst viel in „Verschönerungsmaßnahmen“ zu investieren. Im konkreten Fall also die Unterwäsche einer bestimmten Marke zu kaufen. Nun könnte man sagen: „Na und? So funktioniert Werbung halt. Auch Männern wird ja vermittelt, angebliche oder tatsächliche Unzulänglichkeiten zum Beispiel mit dem Kauf großer und schneller Autos ausgleichen zu können“. Das Problem geht aber um einiges tiefer, denn solange Firmen wie Palmers verbreiten, eine begehrenswerte Frau habe wie ein hungriges 15-jähriges Mädchen auszusehen und solange Typen wie Baumgartner Frauen, die nicht so aussehen, deswegen lächerlich machen zu können glauben, werden Frauen an diesen Schönheitsidealen verzweifeln. Die Zahl der an Essstörungen leidenden Frauen steigt seit Jahren an, und das ist nicht etwa eine harmlose Neurose, sondern kann sich zur lebensbedrohlichen Erkrankung auswachsen. Dass inzwischen auch immer mehr Buben und Männer an den Schönheitsvorgaben der Konsumgesellschaft verrückt werden, ist nicht etwa ausgleichende Gerechtigkeit, sondern nur eine Ausweitung des Krieges gegen die seelische Gesundheit, den die Werbeindustrie führt. Die Menschen sollen sich hässlich und wenig begehrenswert fühlen, damit sie all den Mist kaufen, der mit unerreichbaren Schönheitsidealen beworben wird.
Noch einmal in aller Klarheit: Natürlich darf man das Palmers-Plakat schön finden. Klar darf man das als Mann auch erregend finden. Niemandem soll vorgeschrieben werden, was er oder sie sexy findet. Das Problem ist aber, dass es hier nicht um persönliche Geschmäcker geht, sondern um Industriezweige, die unsere Vorstellungen von „schön“ und „hässlich“ manipulieren und diktieren, um ihren Profit zu steigern. Und allzu viele springen darauf an und wollen entweder so aussehen, wie die am Computer zurecht retuschierten Models, oder verlangen von Frauen, sie sollten gefälligst so aussehen. Wer nicht so aussehen kann, fühlt sich dann mies bis hin zur Selbstzerstörung. Und dann kommen Kerle wie Baumgartner, die auf Facebook eine ziemlich große Reichweite haben, und mobben Frauen auch noch damit. Das zeugt von schlechter Kinderstube und einer Blutverteilung zwischen Hirn und Penis zu Ungunsten von ersterem.