Starker Arbeitsmarkt zeichnet vorerst positives Bild für die Zukunft der Arbeitnehmer. Mismatch bei unbesetzten Stellen und Fachkräften bleibt – wie in den Jahren zuvor – bestehen. Überangebot an Lehrstellen.
221 Betriebsräte nahmen 2022 an der AK-Konjunkturumfrage, die wissenschaftlich durch das Joanneum Research begleitet wurde, teil. Diese 221 Betriebsräte präsentieren knapp 63.250 Kärntner Beschäftigte. Laut aktueller Auswertung der Umfrage sank das Konjunkturbarometer von plus 25 Indexpunkten auf 10 Indexpunkte. Die Gründe dafür sind vielfältig: Der rasche Aufschwung von 2021 nach der COVID-19-Pandemie wurde durch Lieferkettenstörungen und vor allem durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine gebremst und führt zu einer Rekordinflation. „Die entstandene Preisdynamik und die immens gestiegenen Energiepreise treffen trotz Maßnahmen der Regierung verstärkt jetzt auch die Mitte der Gesellschaft“, erklärte AK-Präsident Günther Goach. Jedoch steigt die erwartete Auftragslage der Kärntner Unternehmen laut der Befragung sehr stark an. Dies deckt sich mit anderen Konjunkturerhebungen. Die erste Jahreshälfte 2022 entwickelte sich sehr robust, trotz des Einbruchs des Konjunkturbarometers auf 10 Indexpunkte.
Beurteilung der Auftragslage positiv
Der Handel und die weniger technologieintensiven Industriezweige weisen verhaltene Erwartungen auf, im Gegensatz zur Informations- und Kommunikationsbranche sowie den Energie- und Wasserversorgungsbereichen: 100-prozentig positive Erwartung für zukünftige Auftragslagen. Auch in der Gastronomie gibt es noch relativ positive Erwartungen. „Kernbereiche der Kärntner Wirtschaft, wie Elektronik, Holzwirtschaft und Tourismus, können potenziell von den zukünftigen Entwicklungen profitieren, aber gerade energieintensive Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen“, betonte Eric Kirschner, wissenschaftlicher Begleiter und Head of Research Group vom Joanneum Research. Die energieintensiven Unternehmen aus der Eisen- und Stahlindustrie, der Papierindustrie, der chemischen Industrie oder der Mineralrohstoffindustrie werden von der derzeitigen Inflation wesentlich härter getroffen als Dienstleistungsunternehmen – „Das wird auch Kärnten stark treffen, darum müssen diese Unternehmen in die Maßnahmenplanung idealerweise eingebunden
Fachkräftemangel verfestigt sich
Der Fachkräftemangel stellt sich – wie bereits in den Jahren zuvor – als großes Problem für die Betriebe dar. 65 Prozent (2021: 63 Prozent) aller befragten Betriebsräte gaben an, dass offene Stellen nicht besetzt werden können. Dieser Mismatch am Arbeitsmarkt bleibt bestehen: „Die schnelle wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie verschärfte den Mangel an Fachkräften. Zudem befeuern der demografische Wandel und die Steigerung des Lohnniveaus in Südosteuropa das Problem weiter“, so Kirschner. Der Fachkräftemangel ist auch auf dem Lehrlingsmarkt deutlich spürbar. Das Verhältnis zwischen den Lehrstellensuchenden und offenen Stellen hat sich im Vergleich zu 2020 gedreht. Der Überhang an Lehrstellenangeboten ist im Fremdenverkehr, bei Handels- und Verkehrsberufen, Metall- und Elektroberufen sowie Bauberufen am größten.
Investitionsbereitschaft stabil aber leicht rückläufig
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Investitionsbereitschaft der Unternehmen laut Betriebsräte von 75 auf 72 Prozent gesunken. Das Investitionsniveau bleibt jedoch stabil. Gebäude sind weiterhin die wichtigsten Investitionsposten mit 73 Prozent, gefolgt von Maschinen (54 Prozent), Umweltschutz (41 Prozent) und Forschung und Entwicklung (18 Prozent).
Maßnahmen setzen und auf die Ärmsten spezialisieren
Ärmere Haushalte und viele Unternehmen werden über den Winter Unterstützungen benötigen. „Dabei sind zielgerichtete Unterstützungsleistungen notwendig, da das Gießkannenprinzip, die ohnehin hohe Inflation weiter befeuern würde“, erklärte Kirschner und ist speziell für die Maßnahmenergreifung am Energiemarkt: „Die Änderung des „Merit-Order“-Prinzips an den Strommärkten wäre schon ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“
Um dem Fachkräftemangel und den brachliegenden Erwerbspotenzialen entgegenzuwirken, müsste an Stellschrauben gedreht werden:
Die gesamte Konjunkturumfrage finden Sie unter: ktn.ak.at/konjunktur
In der Vollversammlung der Arbeiterkammer am Donnerstag wird eine umfassende Resolution an die Bundesregierung behandelt – AK-Präsident Günther Goach: „Es geht um sozialpolitische Verantwortung. Der Staat muss einspringen, nur so kann Armut und damit die Spaltung der Gesellschaft verhindert werden.“ „Kärntens Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spüren die Auswirkungen der Teuerung bereits massiv. Die Armutsgefährdung steigt rapide, von Kinderarmut ist inzwischen jedes fünfte Kind betroffen“, erklärte Goach und forderte: „An einer Vermögenssteuer führt kein Weg vorbei. Das reichste Prozent der Österreicher besitzt 40 Prozent des Vermögens, auch dieser Personenkreis muss sich in einer gerechten Form am Sozialstaat beteiligen.“
Sozialstaat stabilisieren
Die Pandemie und die Teuerungs- und die Energiekrise haben bewiesen, wie unverzichtbar der Sozialstaat ist, um Wirtschaft und Gesellschaft zu stützen. So konnte etwa mit bewährten Instrumenten wie der Kurzarbeit die Mittelschicht stabilisiert und damit verhindert werden, dass die Corona-Krise auch zu einer veritablen Armutskrise wurde. „Krisengewinner und besonders Vermögende müssen deshalb künftig mehr zur Finanzierung des Sozialstaates beitragen“, sagte Goach.
Strompreis wirksam senken
„Die Bundesregierung hat zwar Schritte zur Abfederung der hohen Inflation gesetzt, es gibt aber noch vieles zu tun, um die arbeitenden Menschen zu entlasten“, erklärte der AK-Präsident. So forderte er etwa zur effektiven Senkung des Strompreises Nachbesserungen bei der Strompreisbremse. Zudem müsse es zu einer Abschöpfung der Übergewinne bei Energiekonzernen mittels Sondersteuer kommen.
Pendler entlasten
„Kärnten ist ein Pendlerland. Über 50 Prozent der Kärntner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind auf ihr Auto angewiesen. Für Pendlerinnen und Pendler muss es rasch eine Entlastung geben“, postulierte Goach. Wirksame Maßnahmen wären etwa ein Preisdeckel für Benzin und Diesel sowie ein kilometerabhängiger Absetzbetrag statt der Pendlerpauschale. Um den Druck auf Haushalte mit geringem Einkommen abzufedern, forderte Goach die befristete Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, zumindest für Grundnahrungsmittel. Um sicher zu gehen, dass diese Preissenkung auch ankommt, wäre ein strenges Preismonitoring vonnöten.
Miet-Preis-Spirale stoppen
Weiters müssen Maßnahmen zur Begrenzung der Wohnkosten ergriffen werden. „Die MietPreis-Spirale – und damit eine Umverteilung zu Vermögenden – muss gestoppt werden“, so Goach. Bis zur längst überfälligen Mietrechtsreform sollten die Mieten nicht öfter als einmal pro Jahr und um maximal zwei Prozent erhöht werden dürfen. Goach forderte auch eine zweijährige Mietpreisgarantie bei Neuverträgen sowie eine bundesgesetzliche Abgabe auf Leerstand bei Spekulationsobjekten von Bauträgern und gewerblichen Vermietern. In diesem Zusammenhang fordert der AK-Präsident auch die stärkere Förderung des „Gemeinnützigen Wohnbaus“.
Arbeitslosengeld erhöhen
Um der drohenden Armut wirksam entgegentreten zu können, sei auch eine Reform der Sozialhilfe nötig. Die Richtsätze müssten auf ein existenzsicherndes Niveau angehoben werden und wieder als Mindest- statt als Höchstsätze definiert werden. Zudem müsse es zu einer deutlichen Anhebung der Heizkostenzuschüsse kommen. Goach forderte auch einmal mehr die Erhöhung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld von 55 auf 70 Prozent.
Haushaltsvoranschlag der AK Kärnten für 2023
In der am Donnerstag stattfindenden Vollversammlung der Arbeiterkammer Kärnten wird das Budget der AK Kärnten für das Haushaltsjahr 2023 dem Plenum zum Beschluss vorgelegt. Die geplanten Erträge sowie Aufwendungen werden auf rund 33 Millionen Euro veranschlagt.
Foto: Helge Bauer/AK