Am 11. März fand in der frisch renovierten Alten Probstei in Maria Saal ein besonderes Event statt: "Literatur à la Carte" mit Karlheinz Stöflin, unter der Leitung des 1. Vize-Bürgermeisters und Kulturreferenten Siegfried Obersteiner. Der prunkvolle Barocksaal war bis auf den letzten Platz gefüllt – und die Anwesenden erwartete ein Abend voller Reflexion, Gesellschaftskritik und künstlerischer Intensität.
Karlheinz Stöflin eröffnete die Veranstaltung mit einem historischen Abriss und einer schonungslosen Analyse des Homo Sapiens. Innerhalb von nur 150 Jahren, so seine These, habe der Mensch nahezu zerstört, was über Jahrtausende gewachsen sei. Seine kritische Auseinandersetzung mit der menschlichen Selbstüberschätzung lieferte den perfekten Auftakt für eine Veranstaltung, die sich intensiv mit der Zukunft unseres Planeten befasste.
Dann betrat Anja Knafl die Bühne – ein wahrer Shooting-Star der jungen Literaturszene. In einer eindrucksvollen Körper- und Text-Performance setzte sie sich mit der Hass-Liebe zwischen Mensch und Erde auseinander. Die beiden seien untrennbar verbunden, stellten jedoch immer wieder fest, dass sie nicht zueinander passten – und dennoch die Hoffnung auf ein Happy End nicht aufgeben wollten.
Besonders bewegend war ihr Auftritt in einem imaginären Glashaus mit dicken Wänden: ein künstlerischer Ausdruck des inneren Schreis nach Veränderung, den niemand hört – oder nicht hören will. Ihre anarchistische Lauterkeit forderte die Zuhörer heraus, sich mit der eigenen Rolle in einer stillschweigenden Gesellschaft auseinanderzusetzen. Mit gerade einmal 20 Jahren bewies Knafl ein beeindruckendes Bühnentalent, das sie zwischen Maria Saal, Wien und Frankfurt immer wieder auf neue Höhen treibt.
Der zweite Teil des Abends wurde zu einer leidenschaftlichen Debatte zwischen Stöflin und Knafl über eine neue Weltordnung. Wie kann man festgefahrene Organisationen wie die UNO, WHO oder WTO von der "Mikrobe der menschlichen Dummheit der Selbstzerstörung" befreien? Wie bringt man den entfesselten Raubtierkapitalismus unter Kontrolle? Stöflin lieferte eine provokante Antwort: Nicht durch Kapitulation, sondern indem man die Bestie reitet und ihre Energie zum Guten lenkt.
Mit tosendem Applaus endete die Veranstaltung, doch die zentralen Fragen blieben in den Köpfen der Zuhörer: Was bedeutet es, wirklich Verantwortung für unsere Welt zu übernehmen? Und wie können wir gesellschaftliche Prozesse aktiv mitgestalten, anstatt uns blind den empathielosen Mächtigen anzuvertrauen?
Dieser Abend war mehr als nur Literatur – er war ein Appell an alle, die Zukunft nicht als gegeben hinzunehmen, sondern aktiv mitzugestalten.
Foto: M. Bentlin