Gewalt an Mädchen und Frauen findet mitten in der Gesellschaft statt. Schweigen und Wegschauen bestärkt und schützt Täter. Und lässt Betroffene mit ihren Verletzungen, ihrer Angst, Verzweiflung und Ohnmacht alleine.
Klagenfurt am Wörthersee, Villach, Ferlach und St. Kanzian am Klopeinersee treten mit dem Mädchenzentrum Klagenfurt im Juli gegen Sexismus und Gewalt an Mädchen* und Frauen* an und zeigen, wie Zivilcourage funktionieren und unterstützen kann. Seit Anfang Juli berichten in Ferlach Sprechblasen in Schaufenstern, auf Gehsteigen und Plätzen von sexistischen und gewaltvollen Erfahrungen aus dem Lebensalltag von Kärntner*innen. Bis Ende Juli kommt jede Woche eine weitere Stadt bzw. Gemeinde dazu. Die Sprechblasen ermutigen Betroffene, eigene Erfahrungen anonym zu teilen und im geschützten Rahmen das Ausmaß der Gewalt an Mädchen* und Frauen* in Kärnten öffentlich zu machen. Sie erzählen aber auch davon, wie Kärntner*innen in ihrem Umfeld bereits zivilcouragiert geholfen und betroffene Mädchen* und Frauen* unterstützt haben. Nicht nur bei körperlicher und sexueller Gewalt, sondern auch bei sexistischen und frauenverachtenden Äußerungen und Handlungen, die unseren ganz normalen Lebensalltag begleiten und die Gewalt fördern. Unterstützt werden die Sprechblasen mit einer interaktive Veranstaltung in jeder Gemeinde bzw. Stadt am Ende der Woche. Ferlach startet am 9. Juli am Hauptplatz, Klagenfurt folgt am 16. Juli im Strandbad. In Villlach findet die Veranstaltung am 23. Juli am Rathausplatz und am Silbersee statt und St. Kanzian am Klopeinersee folgt am 31. Juli auf der Seepromande beim Strandbad. Stadt-/Gemeindevertreter*innen, lokale Institutionen und das Team des Mädchenzentrums informieren interaktiv, laden zum Gespräch ein und ermutigen dazu, sich hilfreiche zivilcouragierte Anregungen zu holen.
Warum gerade jetzt? Die Morde und Mordversuche an Frauen* in Österreich durch ihren (Ex)Partner* und der weitere Anstieg häuslicher und familiärer Gewalt während der COVID-19 Pandemie beherrschen seit Monaten die Berichterstattung. Seit dem ersten Lockdown reagiert die Bundesregierung mit unterschiedlichen Maßnahmen und Initiativen darauf. Kaum hat die Gastronomie nach dem langen Lockdown im Juni 2021 wieder geöffnet, werden die Fachstellen in (auch vor der Pandemie) ungewohnt hohem Ausmaß von jungen Frauen* und Unternehmer*innen um Unterstützung gebeten wegen massiver sexueller Belästigung und Übergriffen am weiblichen Servicepersonal und den weiblichen Gästen. Häufig liegt es an fehlendem Wissen, Angst und Unsicherheit, wenn Betroffenen nicht geholfen wird. Und allzu oft schweigen Betroffene über das, was sie erlebt haben und erleben. Aus Angst, Scham, aber auch aus Hoffnungslosigkeit. Kommentare und Sätze wie „So wie DIE angezogen ist, braucht sie sich nicht wundern!“, „Sie wird ihn schon provoziert haben!“ oder „Stell´ dich nicht so an!“ schieben die Verantwortung für die Gewalt den Mädchen* und Frauen* zu. Sie lassen die Gewalthandlungen als Alltagsnormalität erscheinen, die sie zu erdulden haben. Und viele wissen nicht, an wen sie sich wenden können.
Die Frauenbüros der Städte Klagenfurt am Wörthersee und Villach, die das von Frauenministerin MMag.a Dr.in Susanne Raab geförderte Projekt des Mädchenzentrum Klagenfurt auch finanziell mit unterstützen, das Jugendzentrum young@ferlach und die Frauen- und Familienberatungsstelle WIFF Völkermarkt suchen mit Stadt-/Gemeindevertreter*innen und Mitarbeiter*innen des Mädchenzentrums das Gespräch mit der Bevölkerung. Was sind Hinweise darauf, dass in einer Beziehung etwas nicht stimmt? Wie können Betroffene angesprochen werden ohne sie zu erschrecken oder gar zu gefährden? Was tun, wenn wir in unserem Umfeld Frauenverachtung, Sexismus, Unterdrückung und Gewalt an Mädchen* und Frauen* beobachten? Alle sind gefragt, das Schweigen über Sexismus und Gewalt an Mädchen* und Frauen* zu brechen und gemeinsam gegen (potentielle) Täter* aktiv zu werden.
WANN und WO?
Foto: Stadt Klagenfurt |Video: Mein Klagenfurt