Die 1973 in Zagreb geborene, in Klagenfurt lebende Schriftstellerin Anna Baar erhält den diesjährigen Humbert-Fink-Preis der Landeshauptstadt Klagenfurt. Der Preis ist mit 12.000 Euro dotiert. Die Preisverleihung findet am 7. Juni um 11 Uhr im Musil-Haus statt.
Anna Baar schreibt Prosa, Lyrik und Essays und arbeitet nach ihrem vielbeachteten Romanerstling „Die Farbe des Granatapfels“ an ihrem dritten Roman.
In der Literaturkritik zählt Baar zu den kühnsten Stimmen der neuen, österreichischen Literatur. „Formal und sprachlich schlägt sie das meiste, was sonst unter der Rubrik Gegenwartsliteratur angeboten wird“ (Anton Thuswaldner/SN).
Lothar Struck schreibt: „Nein, das ist mehr als ein Sound, das ist eine bilderzeugende Opulenz, die den Leser hineinzieht und nicht nur die Figuren lebendig werden lässt, sondern auch das Ereignishafte evoziert, die
Geschichte eines Landes…“
Und Carsten Hueck sagte im Deutschlandfunk: „Anna Baar stellt im zweiten Roman erneut ihr außergewöhnliches Sprachgefühl und den Mut zur eigenen Stimme unter Beweis. Sie schafft Bilder, die sich einprägen, und sie überzeugt durch Lebensernst und Klugheit, Geschichtsbewusstsein und psychologisches Feingefühl.“
„Der Humbert-Fink-Preis ermutigt mich, weiterzutun“ sagt die Autorin, „ich freue mich sehr darüber! Jede Ermöglichung bedeutet viel. Legt man seine Existenz ins Schreiben, läuft man ja immer auch Gefahr. Um zum Wort zu finden, muss man allein sein. Und es bringt einen von Zeit zu Zeit an den Rand eines Wahnsinns, so einsam zu sein mit dem, was einmal in die Öffentlichkeit kommen soll, im Wissen, dass vor der Tür schon welche warten, die mit der Ausbeute Handel treiben, sie begutachten – auch beanstanden …
Selbst das Redlichste und Ernstlichste gerät mitunter hart an die Grenzen zur Lächerlichkeit, wenn man wie ich um die Sprache ringt. Immer bleibt da die Gewissheit der Anmaßung und Blöße.“
Begründet wurde die Preisvergabe von den Juroren Cvetka Lipus und Josef Winkler:
„Anna Baar schreibt in ihren sprachmächtigen Romanen über Kriege, Verlust, Migration und damit verbundene Identitätsfragen als spannende Erzählungen, die den/die Lesende/n inhaltlich und sprachlich in den Bann ziehen. In ihrem bisherigen Werk beweist Baar, dass in hervorragender Literatur das, worüber geschrieben wird, und wie darüber geschrieben wird, gleichrangig sind. Sie erzählt an der Grenze innerer und äußerer Wahrnehmungen die Geschichte eines Landes, über die Zerrissenheit zwischen zwei unterschiedlichen Kulturen, in einem unverwechselbaren Erzählton…
Ihre Stimme erhebt Anna Baar aber auch politisch in ihren Essays und Reden und stellt sich in den, wie sie es nennt ‚wahrhaftigen Heimatdienst‘, indem sie etwa den Umgang mit Minderheiten oder die dunklen Flecken der Vergangenheit beleuchtet und anprangert, gegen Scheinheiligkeit, Dummheit und kruden Nationalismus angeht oder korrupte und menschenverachtende Politiker beim Namen nennt.“
Biografie
Anna Baar wurde 1973 in Zagreb als Tochter einer dalmatinischen Mutter und eines österreichischen Vaters geboren. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie in Wien, Klagenfurt und auf der dalmatinischen Insel Bra?. Nach der Matura am Stiftsgymnasium Viktring studierte sie unter anderem Theaterwissenschaften und Öffentlichkeitsarbeit an den Universitäten Wien und Klagenfurt. Seit 2012 sind von Anna Baar zahlreiche Erzählungen, Kurzgeschichten, Essays und Gedichte in Zeitschriften und Anthologien erschienen. Ihre Texte wurden in mehrere Sprachen übersetzt und in zahlreichen österreichischen und
ausländischen Sammelbänden und Literaturzeitschriften, vor allem in den Grazer manuskripten, sowie in Programmheften der Wiener Staatsoper veröffentlicht. Der 2015 im Wallstein Verlag erschienene Debütroman "Die Farbe des Granatapfels" - ein Auszug aus dem Manuskript kam 2015 bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur auf die Shortlist für den IngeborgBachmann-Preis - stand drei Monate auf Platz 1 der ORF-Bestenliste. Die Arbeit am zweiten Roman "Als ob sie träumend gingen" (Wallstein 2017) wurde mit dem Theodor-Körner-Preis ausgezeichnet.
Anna Baar lebt als freie Schriftstellerin in Klagenfurt und Wien. Zurzeit schreibt sie an ihrem dritten Roman mit dem Arbeitstitel NIL
Rückfragen: Iris Wedenig, Abteilung StadtKommuni kation,
Die feierliche Preisverleihung mit Laudatio, Lesung und musikalischer Umrahmung findet am Sonntag, dem 7. Juni 2020 um 11 Uhr im Robert-MusilLiteraturmuseum statt.
Foto: Johannes Puch