Presseaussendung von: ÖVP Europaklub im Europäischen Parlament
Vizepräsident des EU-Parlaments begrüßt Mitentscheidung des Parlaments bei Umsetzung des Fiskalpakts
Brüssel, 31. Jänner 2012 (ÖVP-PD) Der neue Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, begrüßt, dass der Gipfelbeschluss des gestrigen Abends in entscheidenden Punkten, auf die Forderungen des Europäischen Parlaments eingeht. So sollen Maßnahmen innerhalb des neuen Fiskalpaktes nach den prozeduralen Regeln der EU entschieden werden, das heißt unter Mitentscheidung des EU-Parlaments. Außerdem ist der Fiskalpakt wie von Karas gefordert zeitlich befristet und soll nach fünf Jahren in die EU-Verträge integriert werden. "Die Übernahme des Fiskalpaktes in das EU-Recht erfordert natürlich eine Änderung der EU-Verträge, die wir schon jetzt vorbereiten müssen. Dazu brauchen wir einen Konvent aus Vertretern der nationalen Parlamente, der Regierungen, des EU-Parlaments und der EU-Kommission", fordert Karas. Das Parlament solle sofort mit den Konventsvorbereitungen beginnen. Dass auch Tschechien angekündigt hat, den Fiskalpakt nicht zu unterzeichnen, sieht Karas gelassen: "Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ich gehe davon aus, dass unsere tschechischen Freunde die verfassungsrechtlichen Fragen klären und an Board zurückkommen werden", so Karas.
Karas kritisiert aber, dass die Europäische Kommission kein Klagerecht erhalten soll, wenn ein EU-Land keine nationale Schuldenbremse einführt oder notwendige Strukturreformen zum Schuldenabbau nicht durchführt. "Die Staats- und Regierungschefs wollen, dass die Euro-Spielregeln eingehalten werden, sie geben einerseits dem Schiedsrichter eine Pfeife, aber andererseits verweigern sie ihm die rote Karte. Schon wieder ist bei einem EU-Gipfel eine komplizierte, verwinkelte, halbherzige Lösung herausgekommen. Der Fiskalpakt ist zwei Schritte vorwärts und einer wieder rückwärts", stellt Karas fest. "Es ist grotesk, dass man sich nicht traut, ohne Zweideutigkeiten zu sagen, dass die 1992 beschlossenen Euro-Spielregeln ohne Wenn und Aber zu gelten haben. Wenn sie gelten, dann muss die Kommission als Schiedsrichter klagen können. Das wäre die 'rote Karte', die jetzt fehlt. Eine Spielregel, die der Schiedsrichter nicht durchsetzen kann, ist unglaubwürdig", so Karas.
Der gestern Abend beschlossene Fiskalpakt, der Anfang März unterzeichnet werden soll, sieht vor, dass die Europäische Kommission zwar den Regelverstoß eines Schuldenlandes feststellt, aber nur die anderen Mitgliedstaaten dem Europäischen Gerichtshof eine diesbezügliche Klage vorlegen können. Die Mitgliedsländer wollen sich bis März auf ein Verfahren einigen, wie sie beschließen, welches Land oder welche Länder die Klage einreichen, wenn die Kommission einen Regelverstoß feststellt. "Seit 20 Jahren galt immer die Regel 'Eine Krähe hackt der anderen nicht die Augen aus'. Die Mitgliedsländer haben nie den Mut gehabt, unter ihresgleichen die eigenen Spielregeln durchzusetzen. Ich bin mehr als skeptisch, ob sich das durch den Fiskalpakt ändert", so Karas abschließend.