Tierquälerei-Skandal ist Ausfluss einer ÖVP-Agrarpolitik, die auf Wachsen oder Weichen setzt
Klagenfurt (28.02.2018) - „Der aktuelle Fall von Tierquälerei ist wieder einmal ein sogenannter Einzelfall in einer langen Reihe von Einzelfällen, vom Schlachthof Klagenfurt bis zum Schweinemastskandal“, ist der Grüne Landesrat Rolf Holub erschüttert. „Der Skandal wurde nicht durch die von LR Benger oft als lückenlos dargestellten Kontrollen des Landes aufgezeigt, sondern durch eine anonyme Anzeige ins Rollen gebracht. Fakt ist: die Kontrollen funktionieren unzureichend, weil es nicht ausreichend Amtstierärzte gibt. Wir Grünen fordern deshalb einen zweiten Amtstierarzt für jeden Bezirk, eine Ablöse des Landesveterinärs und eine Trennung der Referate Landwirtschaft und Tierkontrolle“.
„Der Skandal wirft ein schiefes Licht auf merkwürdige Zustände im Referat Benger: Wer in Kärnten bei der Tierschutz-Ombudsfrau anruft, landet beim Landesveterinär. Dieser beeilt sich, persönlich auszurücken, ohne den Amtstierarzt oder die Polizei gleich mit zu verständigen, um die Sache ohne großes Aufsehen zu bereinigen. Wenn von dem Informanten, der sich inzwischen auch an uns gewendet hat, nicht auch der ORF und die Medien informiert worden wären, wäre dieser Fall von Tierquälerei vertuscht worden“, so Holub.
„Die Reaktion des Büros Benger auf die erschütternden Fotos der abgemagerten, in der Jauche liegenden Fotos ist merkwürdig. Statt zu recherchieren fordert die Pressesprecherin Bengers, Gerlinde Robitsch, eine Informantin auf, mehr Informationen zu ihrer Identität bekannt zu geben und hinterfragt, wie sie zu dem Fotomaterial gekommen sei. Dazu passend: die Initiative der ÖVP auf Bundesebene, die mittels Gesetzesverschärfungen verhindern will, dass Tierschützer heimlich Aufnahmen in Tierställen machen. Es ist unerträglich, dass die ÖVP nicht die Tierquäler an den Pranger stellen will, sondern die Tierschützer, die diese erschütternden Zustände aufzeigen“, empört sich Holub. In diesem Fall wurden die erschütternden Bilder übrigens von außerhalb des Stalles fotografiert und sind damit jedenfalls legal.
„Zum Verdacht der Vertuschung passt außerdem die Tatsache, dass der Pansen der toten Kühe nicht in Klagenfurt untersucht wird, sondern extra zur AGES (Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit) nach Wien geschickt wurde und das Ergebnis der Obduktion erst nach der Landtagswahl bekanntgegeben wird“, erklärt Holub. „Dass es bei Tierquälerei keine Sippenhaftung gibt, ist klar. Allerdings ist die im Benger-Büro arbeitende Frau des Tierhalters selbst studierte Nutztierwissenschafterin. Sie hätte wissen müssen, was passiert, wenn Tiere im Stall über einen längeren Zeitraum nicht versorgt werden.“
„Der Tierquälerei-Skandal ist Ausfluss einer ÖVP-Agrarpolitik, die auf Wachsen oder Weichen setzt“, kritisiert Holub. „Die ÖVP setzt nur noch auf die aktiven (=Wachstums-)betriebe und hat die Agrarförderungen in den letzten Jahren massiv zurückgefahren. Bauern müssen nun die bewirtschaftete Fläche vergrößern, größere Ställe bauen, mehr Tiere halten, um bei gleichbleibenden oder sinkenden Agrarpreisen ihr Einkommen halten zu können. Der limitierende Faktor ist aber die bäuerliche Arbeitskraft. Dass es zur Überforderung kommen muss, wenn ein Bauer drei tierhaltende Betriebe gleichzeitig bewirtschaftet, liegt auf der Hand!“
„Dass Landesveterinär Remer diesen Fall als „nichts Abartiges“ bezeichnet, ist eine Verhöhnung aller ordentlich wirtschaftenden und am Tierwohl interessierten Bauern in Kärnten. Denn es ist nicht normal, Tiere hungern zu lassen, nach einem Stromschlag verletzte Tiere ohne tierärztliche Hilfe leiden zu lassen, tote Kühe tage- oder wochenlang in einem Stall herum liegen zu lassen, keine gesetzesgemäße Mistlagerstätte zu haben. Da die beiden weiteren Ställe des betroffenen Landwirtes nicht sofort untersucht wurden, wurde diesem Gelegenheit gegeben, Beweise für mögliche weitere Missstände beiseite zu schaffen. Denn vom dritten Stall des Landwirtes berichten Informanten, dass dort noch rasch die meterhohe Jauche entfernt wurde, wobei auch Tierkadaverteile, wie Beine von Jungkälbern, entdeckt worden sein sollen. Die Richtigkeit dieser Information könnte über das Tierkennzeichnungssystem überprüft werden, durch das das Fehlen von registrierten Jungkälbern festgestellt werden kann“, meint Holub, der auch hinterfragt, welche Gründe es gibt, dass für Tierschutz zuständige Landesrat Darmann in dieser Causa so anhaltend schweigt.
David Richter vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) erklärt: "Die Tatsache, dass Monat für Monat neue Enthüllungen durch die Zivilbevölkerung massives Tierleid in der österreichischen Landwirtschaft aufzeigen, beweist eindeutig, dass das staatliche Kontrollsystem einfach nicht ausreichend ist. Es ist die klare Aufgabe der Kärntner Landesregierung für eine Aufstockung der AmtstierärztInnen zu sorgen, wie auch eine erhebliche Verstärkung der Kontrollen von erwerbsmäßigen Tierhaltungen sicherzustellen. Gleichzeitig ist es erschütternd, dass die neue ÖVP-FPÖ-Bundesregierung gerade die so wichtigen Hinweise aus der Zivilbevölkerung und von TierschützerInnen kriminalisieren will."
Foto: Grüne Kärnten
Presseaussendung von: Grüne Kärnten