347 Kärntnerinnen und Kärntner wandten sich in den Jahren 2020 und 2021 hilfesuchend an die Volksanwaltschaft mit Problemen die Kärntner Landes- und Gemeindeverwaltung betreffend. In 30 Fällen konnte die Volksanwaltschaft dann auch einen Missstand in der Verwaltung feststellen. Trotz Pandemie war es der Volksanwaltschaft zudem möglich 14 Sprechtage vor Ort abzuhalten, um den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Anliegen auch persönlich vorzubringen. Diese Zahlen diskutierten Volksanwältin Gaby Schwarz und die Volksanwälte Bernhard Achitz und Walter Rosenkranz mit den Abgeordneten zum Kärntner Landtag.
Schwarz: Persönlicher Kontakt durch Sprechtage vor Ort wichtiges Angebot der Volksanwaltschaft
Die Volksanwaltschaft sei sehr niedrigschwellig und auf die unterschiedlichsten Arten erreichbar, dennoch werde oft der persönliche Kontakt von den Betroffenen bevorzugt. Deshalb bleibe es ein wesentlicher Faktor des Angebots der Volksanwaltschaft, Sprechtage vor Ort abzuhalten, so Gaby Schwarz, Vorsitzende der Volksanwaltschaft. "„Der direkte Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern ist der Volksanwaltschaft wichtig, um zu helfen, wenn Missstände vermutet werden“", betont Gaby Schwarz. Die Volksanwältin, die auf Landesebene unter anderem für die Gemeindeverwaltung und alle kommunalen Angelegenheiten zuständig ist, weiter: "„Zum Beispiel hat sich ein Kärntner an uns gewandt, der um eine Förderung der Wohnhaussanierung angesucht hat. Das Amt der Kärntner Landesregierung hat ihm diese Förderung auch zugesichert, und zwar in Form eines Einmalzuschusses, weshalb er die Sanierung auch durchführen ließ. Als er dann aber die Rechnung vorgelegt hat, kam die große Überraschung – man teilte ihm mit, dass der in Aussicht gestellt Zuschuss doch nicht ausbezahlt werden könne. Der Betroffene ist aus allen Wolken gefallen und hat sich hilfesuchend an die Volksanwaltschaft gewandt. Glücklicherweise konnte dieses Problem dann im Sinne des Betroffenen gelöst werden.“
Achitz: Kinder- und Jugend-WGs – Höhere Personalschlüssel und Tagsätze notwendig
In Kärnten ist der Anteil der fremdbetreuten Kinder nach Wien verhältnismäßig am höchsten, stellte Volksanwalt Bernhard Achitz fest – und er kritisiert die Regeln für jene Einrichtungen, in denen sie untergebracht werden: "„Wenn zwölf Kinder in einer WG sind, ist das für eine bindungsgeleitete Pädagogik zu viel. Kärnten sollte, wie andere Bundesländer es längst tun, eine Obergrenze von neun Kindern pro Gruppe festschreiben.“ Nach der angekündigten Reduktion in der Steiermark wäre Kärnten das letzte Bundesland mit über zehn Kindern in einer Gruppe. Personalschlüssel und Tagsätze müssen erhöht werden, damit Einrichtungen Springerdienste installieren können, die bei Krankenständen oder in der Urlaubszeit aushelfen. Achitz: „Derzeit unterstützen einander die Betreuerinnen und Betreuer gegenseitig, was auf Dauer enorm belastend und mit Familie schwer vereinbar ist." Bei höheren Personalressourcen könnte auch in allen Einrichtungen Elternarbeit installiert werden. Kärnten plant für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger in der Kinder- und Jugendhilfe einen Lehrgang – das begrüßt die Volksanwaltschaft angesichts des enormen Personalmangels im gesamten Care-Bereich ausdrücklich. Erfreulich ist auch, dass sich die Situation bei den Krisenabklärungsplätzen durch Eröffnung eines dritten Krisenzentrums entschärft hat.
Rosenkranz: Mann mit Behinderung von Marktgemeinde jahrelang der Parkplatz verwehrt – Lange Verfahrensdauern aufgrund Personalmangels im Amt der Landesregierung
In der Marktgemeinde Eisenkappel-Vellach hatte sich ein Mann bei der Volksanwaltschaft beschwert, weil ihm kein Behindertenparkplatz zuerkannt worden war. „Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs war hier aber unmissverständlich: Sie räumt Personen in solchen Fällen eindeutig ein Recht ein, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Halteverbot in Wohnungsnähe zu erlassen ist, sodass diese ihr Kfz abstellen können“, berichtet Volksanwalt Walter Rosenkranz von einem Fall aus seinem Geschäftsbereich. Erst nach zweimaligem Einschreiten der Volksanwaltschaft und jeweils mehreren Urgenzen kam die Marktgemeinde hier ihren Pflichten nach. Im Bereich des Amts der Kärntner Landesregierung hatte man hingegen bereits als Reaktion auf den Länderbericht Kärnten 2018/19 der Volksanwaltschaft eine Personalaufstockung des Sachverständigendienstes angekündigt. „Dennoch ist es auch im Berichtszeitraum 2020/21 wieder zu mehrjährigen Verzögerungen bei einem Gutachten der Agrarbehörde gekommen“", so Rosenkranz. Wie sich herausstellte, war die angekündigte Personalaufstockung nie erfolgt. „Zu einer Entscheidung der Agrarbehörde kam es erst nach Einschreiten der Volksanwaltschaft", zieht Rosenkranz Bilanz.
Rohr: Wir haben in Kärnten ein starkes, soziales Netz geknüpft, um allen Kärntnerinnen und Kärntnern zu helfen, die Unterstützung brauchen.
„Die Volksanwaltschaft ist ein unverzichtbares Instrument zur Weiterentwicklung und Verdichtung dieser Hilfsangebote – denn wenn es blinde Flecken gibt, gehören diese identifiziert und im Sinne der Menschen bereinigt. Darum möchte ich der Volksanwaltschaft meinen herzlichen Dank für die geleistete Arbeit aussprechen“", so Landtagspräsident Reinhart Rohr anlässlich des heutigen Gesprächs mit der Volksanwaltschaft im Ausschuss für Bürger- und Bürgerinnenbeteiligung, direkte Demokratie und Petitionen im Kärntner Landtag. "„Ich schätze diese Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit der Volksanwaltschaft sehr und halte den Austausch zwischen Landtag und Volksanwaltschaft für sehr produktiv."
Mit dem Bericht präsentierten die Volksanwälte die Ergebnisse ihrer Kontrolle der Kärntner Landes- und Gemeindeverwaltung. Die wichtigsten Ergebnisse sind im Bericht zusammengefasst.
Neben dieser Kontrolltätigkeit ist die Volksanwaltschaft auch für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte zuständig und prüft öffentliche und private Einrichtungen, in denen es zu Freiheitsbeschränkungen kommen kann, wie zum Beispiel in Gefängnissen, Pflegeheimen oder Polizeianhaltezentren. In der Präventiven Menschenrechtskontrolle wurden 49 Kärntner Einrichtungen besucht sowie 2 Polizeieinsätze begleitet. Die präventive Tätigkeit der Volksanwaltschaft wird in den Berichten zur präventiven Menschenrechtskontrolle 2020 und 2021 ausführlich dargestellt.
Foto: Volksanwaltschaft / Photo Simonis