Auf dem Programm der Jubiläumsfeierlichkeiten stehen eine Neufassung des allerersten Theaterstücks, eine umfassende Werkschau und ein Besuch aus Berlin.
VADA macht sein 20. Jubiläum zum Anlass einer Expedition zur Wiederentdeckung seiner ersten Theaterinszenierung. Unter dem Titel „Zitatnost – ein Fußnotendrama“ entstand 2004 ein Bühnenwerk, das in analytischer Weise mit progressiven Formen der Kunstfabrikation experimentiert und an kreative Konzepte des frühen 20. Jahrhunderts anknüpft (die vor allem durch die Ausrottung ihrer Urheber:innen als Resultat der Weltkriege einen jähen Abbruch erlitten). Das Theaterstück ist eine freie assoziative Kompilation von Kurzzitaten 30 verschiedener Autor:innen und versteht sich als Bühnenfassung eines Quellenverzeichnisses (das sich üblicherweise auf der letzten Seite einer wissenschaftlichen Arbeit befindet).
Techniken wie die „professionelle Neugierde“, die Limitierung des Bühnenraumes, die Erstellung von „Plotkurven“ oder die – von den Glühwürmchen inspirierte und durch selbstkonstruierte Lampen erreichte – „Autoillumination“ sowie der Einsatz von Trittleitern und Nahrungsmitteln führten schließlich zur Entwicklung der „Plotmontage“ (auch „Theater der letzten Seite“ genannt), einem Verfahren, das von VADA bis heute angewandt wird.
„Wir inszenieren Bibliographien. Wir dramatisieren die letzte Seite der großartigsten Sekundärliteratur, die je geschrieben wird. Alleiniges Auswahlkriterium ist die dramatische Wirkung des Materials ohne Rücksicht auf das Ansehen von Autoren oder Stilrichtungen.“ (aus: Das Vadaistische Manifest)
Das erste vadaistische Theaterstück wurde in Wien, Berlin, Hamburg, München, Zürich, Moskau und vielen anderen Orten sowie als Österreichs Beitrag zum Theaterfestival „Art-Ordo“ in Biškek (Kyrgyzstan) gezeigt. Nach zwei Jahrzehnten bringen Yulia Izmaylova, Boris Randzio und Felix Strasser diese Arbeit restauriert, entrümpelt und verspachtelt zurück an die Öffentlichkeit und folgen dabei dem Ausruf Karl Valentins: „Alles entdrei!“
„Theater ist immer Experiment, eine Versuchsanordnung. Diesmal wollen wir herausfinden, wie sehr sich unser künstlerisches Konzept in den letzten 20 Jahren verändert hat“, erklärt Obfrau Yulia Izmaylova. Dieser Prozess steckt auch für die routinierten Vadaist:innen voller Überraschungen, denn, so die Obfrau weiter: „Bis zur Premiere können wir nicht sagen, was dabei herauskommen wird.“
Zur Selbsthuldigung eine Werkschau
Dass mit der Zeit haufenweise Erfahrungen, Erinnerungen und vor allem Dinge an- und abgefallen sind, beweist VADA in einer umfassenden Ausstellung mit zahlreichen übriggebliebenen Teilen aus zwei Jahrzehnten Menschheitsgeschichte. Zu sehen sind ein Streichholz und ein Handschuh, ebensogut wie ein Stuhl oder ein Tisch, andererseits auch eine Schweißermaske, ein Blaulicht und vielleicht sogar ein Grammophon. Jedes Stück hat eine Geschichte – und die Geschichte hat bewiesen: 20 Jahre sind kein Pappenstiel, ewig währt am längsten und Zahnwurzeln sind durch Handgranaten zu entfernen! (Wer sollte da nicht wahnsinnig werden?)
„VADA 2.0“ ist nach „100 Jahre VADA“ (2014) und „Die Sammlung VADA – 70 gestaltete Jubiläums-Kotztüten von 50 Künstlerinnen und Künstlern“ (2019) das dritte Autohomagium, das sich mit der Geschichte und den globalen Auswirkungen des Vadaismus auseinandersetzt.
„War da!“
„Ich auch“
„ich auch“
(Aus dem Gästebuch der Ausstellung „100 Jahre VADA“. Selbstredend!)
Nach der Eröffnung im Rahmen der ORF Langen Nacht der Museen dient die Ausstellung als Bühnenbild für das Theaterstück „Theater der letzten Seite“ und ist jeweils zwei Stunden vor den Vorstellungen zugänglich. Das Mitbringen von Exponaten in die Ausstellung ist zwar untersagt, kann aber versucht werden. Angeln, schaukeln und Blumenpflücken ist verboten!
Geburtstagsständchen aus Berlin
Ohne Adolfo kein VADA. Adolfo Assor ist ein unikaler Künstler. In seinem kleinen „Garn Theater“ in Berlin-Kreuzberg macht er alles selbst – die Textarbeit, Dramaturgie, Bühnenkonzept, Bauten, Lichttechnik, Kostüm, Maske, Regie und Schauspiel. Seine Arbeit diente einst als Inspiration zur Gründung von VADA.
Um seine Glückwünsche zu überbringen reist der heute 79jährige Mentor und Freund der Vadaist:innen eigens nach Kärnten. An zwei Abenden (7. und 8. November) zeigt er im Kulturzentrum VENTIL den Monolog „Brief an den Vater“ von Franz Kafka. Am 9. November hat das Publikum dann noch die besondere Gelegenheit, dem Künstler in einer „offenen Probe“ bei der Entwicklung eines neuen Theaterstücks über die Schulter zu schauen.
In Klagenfurt/Celovec:
05.10.2024, 18-24 Uhr
Vernissage der Ausstellung „VADA 2.0“ im Rahmen der ORF Langen Nacht der Museen.
18:15, 20:15 und 22:15 – Show & Tell „DA WAR VADA DA“. Yulia Izmaylova, Boris Randzio und Felix Strasser führen durch das Archiv und stiften wahlweise Sinn oder Verwirrung.
(Am 05.10. ist der Eintritt nur mit Tickets für die ORF Lange Nacht der Museen möglich.)
10.10.2024, 20 Uhr
Premiere von „Theater der letzten Seite“
Weitere Vorstellungen am 11. / 12. / 14. / 15. / 16. und 17.10.2024, jeweils 20 Uhr.
Die Ausstellung „VADA 2.0“ ist an diesen Tagen jeweils von 18-20 Uhr geöffnet.
7. und 8.11.2024, jeweils 20 Uhr
Gastspiel Garn Theater Berlin: „Brief an den Vater“ von Franz Kafka.
9.11.2024, 20 Uhr
Offene Probe mit Adolfo Assor.
Ort: Kulturzentrum VENTIL, Kardinalplatz 1, Klagenfurt/Celovec
Infos & Tickets unter Tel.: 0664 / 536 84 00 und kaernten.live/vada
und außerhalb:
18.10.2024, 20 Uhr
„Theater der letzten Seite“
TART – Together Art, Widmanngasse 16, Villach/Beljak
22.10.2024, 19 Uhr
„Theater der letzten Seite“
Kunstbahnhof Wörthersee, Bahnhofplatz 1, Velden/Vrba
23.10.2024, 19 Uhr
„Theater der letzten Seite“
Pheldmanbühne, Haus Pernull, Tröpolach im Gailtal 117
Foto: Jeffy Strasser