Eine Besonderheit der Produktion „Mit dem großen Löffel“ ist, dass in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen, Kärntner Künstlerinnen ins Land zurück kommen, die seit Jahren außerhalb und innerhalb der Kärntner Grenzen arbeiten (Clara Diemling, Andrea Meschik, Anja M. Wohlfahrt).
Nach einem Gastspiel von "Aus aktuellem Anlass: Delphine in Triest" aus dem Jahr 2021, wurden Regisseurin Anja M. Wohlfahrt und Autorin Effe U Knust vom Intendanten des klagenfurter ensemble, Gerhard Lehner, eingeladen, sich für Herbst 2024 dem Autor Robert Musil zu widmen. Aus diesem ersten Gespräch entstand eine Kooperation zwischen klagenfurter ensemble und dem Musil-Institut Klagenfurt, insbesondere Artur R. Boelderl. Effe U Knust und Anja M. Wohlfahrt, die nach "Aus aktuellem Anlass: Delphine in Triest" im Herbst 2023 mit Das gelbe Trikot in einer weiteren Zusammenarbeit für das Theater am Lend ein Stück auf die Bühne gebracht haben, lesen sich seit Frühling 2023 durch das Gesamtwerk Robert Musils plus Sekundärliteratur und stoßen sich in dem neuen Stück von dieser Recherche, also von Musil und den Themen seiner Werke, ab.
Also: Wertschätzend und wissbegierig wird hier sich abgestoßen um eine eigenständige Kunst zu ermöglichen. „Mit dem großen Löffel“ feiert am 6. November 2024 am klagenfurter ensemble Premiere und gastiert für eine Spielserie im November/ Dezember 2024 in Graz am Theater am Lend, sowie im April 2025 in Bregenz am Theater KOSMOS.
Robert Musil wurde am 6. November 1880 in Klagenfurt am Wörthersee geboren. Am 6. November 2024 wird also ein Geburtstagsfest gefeiert – ein Fest der Kopräsenz in der Versammlungs-Zusammenhangs-Stätte Theater. Und so ein Geburtstag kann Anlass sein, um zurück zu schauen, die Vergangenheit zu betrachten, Reflexionen anzustellen, was es mit dieser zurück gelegten Wegstrecke so auf sich haben könnte. So ein Geburtstag kann aber auch Anlass sein für gute Vorsätze, für die Artikulation bestimmter Hoffnungen was die Zukunft angeht, für Orakelsprüche gar. Und wenn schon Orakel, dann ja wohl „von Delphi“, oder? Wo die Hellseherei der Pythia in Verbindung steht mit dem Zwillingspaar Artemis und Apollon und womit wir mitten im Mann ohne Eigenschaften wären, wo zwischen Agathe und Ulrich „Philadelphia“ ist, also: geschwisterliche Liebe. Aber auch in Musils eigener Biografie sind wir mit einer Geschwistergeschichte konfrontiert, vier Jahre vor seiner Geburt verstarb die ältere Schwester. Diesen Momenten einer doppelgängischen Identität im Kontext von „Liebe“ will das klagenfurter ensemble mit „Mit dem großen Löffel“ (Musil) nachgehen.
Auch Musil kannte neben Identitätskrisen vor allem eine Krise: die des Schreibens. Sein Mann ohne Eigenschaften blieb unvollendet, obwohl er ab 1920 bis zu seinem Tod im Jahre 1942 daran arbeitete. Aber zurück zur Frage nach dem Geburtstagsfest: Mag sich der Jubilar wiederfinden in den ihm gewidmeten Ansprachen? Begegnet er den Zuschreibungen von außen, von denen, die ja keine Ahnung haben, mit Skepsis? Wie auch würde er sich selber erzählen? Mit all den biografischen Brüchen?
Alles in allem geht es auch in „Mit dem großen Löffel“ um ungefähr: alles! Um die Arbeit und ums Leben und darum wie lange das alles überhaupt noch gut gehen kann. Der Mann ohne Eigenschaften entscheidet sich ja für eine Pause, er legt quasi ein Sabbatical ein. Burn-Out! Letztlich geht es also um die Sinnfrage der Existenz des zeitgenössischen Menschen inmitten von Krieg, Inflation, Leistungsgesellschaft und Familiengeschichte.
Weitere Vorstellungen: 8., 9., 14., 15., 16., 21., 22. und 23. November 2024 / 20 Uhr
Spielort: theaterHALLE11, Messeplatz 1 / 11, Klagenfurt
Kartenreservierung: 0463 310 300 / ke@klagenfurterensemble.at
Kartenpreise: 25 Euro (regulär) / 20 Euro (ermäßigt)
Foto: Andrea Meschik