LH Kaiser und BP a.D. Heinz Fischer besuchten Häftlinge – Fischer referierte unter dem Motto „Macht und Menschlichkeit“ über 100 Jahre Republik Österreich
Klagenfurt (LPD). Im Vorfeld des Festaktes zu „100 Jahre Gründung der Republik Österreich“ besuchten Landeshauptmann Peter Kaiser und Bundespräsident a.D. Heinz Fischer heute, Montag, die Häftlinge der Klagenfurter Justizanstalt. Auf Einladung von Anstaltsleiter Peter Bevc referierte Fischer unter dem Thema „Macht und Menschlichkeit“ über die politisch-historische Entwicklung Österreichs von 1918 bis 1955.
Landeshauptmann Kaiser dankte in seinen Begrüßungsworten all jenen Verantwortlichen, die sich der Idee des Fortbildungsprogrammes an der Klagenfurter Justizanstalt verschrieben hätten und dieses kreierten sowie laufend umsetzen. „Kärnten ist hier in einer guten Sache Vorreiter. Es zeigt, dass wir niemanden und nichts verloren geben“, so Kaiser. Für ihn sei der Vortragende Heinz Fischer so etwas wie das mahnende politische Gewissen der Republik Österreich, erklärte der Landeshauptmann.
Sein Ziel sei es heute, politische Bildung im Bereich der Geschichte vorzutragen, erklärte Fischer vor den anwesenden Häftlingen. Österreich habe eine sehr lange und bewegte Geschichte, eröffnete Fischer seinen Vortrag. Der ehemalige Bundespräsident spannte mit seinem Vortrag einen Bogen von der Gründung der Ersten Republik 1918 bis zum Staatsvertrag 1955. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges sei auch die Habsburger-Monarchie zusammengebrochen, im Gegenteil zu etwa Deutschland oder Russland sei diese Revolution jedoch verhältnismäßig unblutig verlaufen. Der 12. November 1918 gelte als Geburtstag der Republik Österreich, aus diesem Grund gebe es in diesem Jahr auch einen großen Staatsakt zum 100. Geburtstag der Republik. „Die Menschen hatten große Hoffnungen in die neu gegründete Republik, vor allem in Hinblick auf die sozialen Verhältnisse, im Hinblick auf eine bessere Bildung und mehr Wohnungen. Sie setzten ihre Hoffnungen in diese neue Periode“, so Fischer. Österreich entwickelte sich wirtschaftlich jedoch nicht weiter, während in Deutschland der Nationalismus wuchs und schlussendlich 1933 in der Machtergreifung Hitlers gipfelte. Auch in Italien, Ungarn und Polen entwickelten sich diktatorische Regime, dadurch kam die österreichische Demokratie zusehends unter Druck. Am 1. Oktober 1920 beschloss das offizielle Österreich eine neue, demokratische, republikanische und bundesstaatliche Verfassung. Fischer betonte in diesem Zusammenhang die zeitliche Nähe zur Kärntner Volksabstimmung, die nur wenige Tage nach diesem wichtigen Beschluss abgehalten wurde. „Die österreichische Bundesverfassung wird im Jahr 2020 100 Jahre alt. Ich bin auf diese Verfassung sehr stolz“, so Fischer. Die 100 Jahre alte Republik Österreich könne in drei Abschnitte eingeteilt werden, führte Fischer weiter aus. Die Erste Republik von 1918 bis 1938, die Zeit des Nationalsozialismus von 1938 bis 1945 sowie die Zweite Republik von 1945 bis heute. „Diese drei Epochen unserer Geschichte unterscheiden sich wie Tag und Nacht und wie Sommer und Winter“, betonte Fischer. Die Ausschaltung des Parlaments 1933, der österreichische Bürgerkrieg 1934 und die Zeit der autoritären Regierung von 1934 bis 1938 mündeten im Anschluss an Hitler-Deutschland und in den verheerenden Zweiten Weltkrieg, der 50 Millionen Tote forderte, darunter sechs Millionen ermordete Juden.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hätte sich das offizielle Österreich zusammengesetzt und auch über die begangenen Fehler in der Ersten Republik gesprochen. Man hätte nach diesen Gesprächen beschlossen, den Aufbau Österreichs gemeinsam zu gestalten. „Ich habe den festen Eindruck, dass Menschen aus der Geschichte etwas lernen“, so Fischer. Mit dem Staatsvertrag sei ein Verfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität und das Anschlussverbot an Deutschland verabschiedet worden. „Mit dem Staatsvertrag begann ein neues Kapitel der österreichischen Republik“, informierte Fischer, der sich daraufhin den Fragen der Häftlinge stellte und diese umfangreich beantwortete. „Auch eine stabile Demokratie ist nicht unzerstörbar. Dieses Wissen muss Ansporn sein, Demokratie, Frieden, Pluralismus und Freiheit mit Zähnen und Klauen zu verteidigen“, mahnte Fischer.
Zum Abschluss des Besuchs warteten die Häftlinge ihrerseits mit einer Überraschung für den ehemaligen Bundespräsidenten auf. Zum Anlass seines erst kürzlich begangenen 80. Geburtstages gaben sie für Fischer den Song „Freedom is Coming“ zum Besten – an den Trommeln beteiligte sich der ehemalige Bundespräsident aktiv an der Chor-Performance.
Foto: LPD Kärnten/Bauer
Presseaussendung von: Büro LH Kaiser